Mathias Josef Kautz (1870 – 1942)

Maschinenbauingenieur und Betreiber eines der größten Kinos Deutschlands

Mit 1 868 Plätzen gehört die am 12.4.1922 in der Breite Straße eröffnete Schauburg zu den größten Lichtspieltheatern Deutschlands. Es ist die Ära der prachtvollen Filmpaläste mit bis zu 2 000 Sitzplätzen – eine für heutige Verhältnisse unvorstellbare Zahl. Zum Vergleich: Die Kölner Philharmonie verfügt über 2 200 Plätze, der größte Saal im Cinedom hat 700 Plätze.

Als »größtes und vornehmstes Lichtspielhaus Westdeutschland« wird die feierliche Eröffnung der Schauburg am 10.4.1922 in der Kölnischen Zeitung annonciert. Mitwirkende sind Mitglieder des städtischen Schauspielhauses und des Operetten-Theaters, ein Orchester spielt, es läuft der Film »Hamlet« mit dem frühen Filmstar Asta Nielsen in der Hauptrolle.

Auch der Reporter des Berliner Film-Kuriers ist begeistert: »Ein gewaltiger Prachtbau, wohl eines der größten und schönsten Lichtspielhäuser Deutschlands […] hoffnungsgrün uniformierte Angestellte regelten höflich den Zustrom der Besucher und im Riesensaal und auf dem weitgeschweiften Balkon walteten schwarz-weiß gekleidete Damen ihres Amtes.«

Der Berliner Maschinenbauingenieur Mathias Josef Kautz erwarb das zentrale Grundstück, das direkt neben den bereits 1913 eröffneten Agrippina-Lichtspielen lag. Bedingung der Verkaufsverhandlungen war, dass Georg Falck, der das benachbarte Gebäude entworfen hatte, als Architekt verpflichtet wurde. Er passte die Architektur des Neubaus, dem Zeitgeschmack entsprechend, an die der Agrippina-Lichtspiele an.

 

Modernstes Kino der Stadt

Die Fassade des Hauses war mit kunstvoll gearbeiteten expressionistischen Bildhauerarbeiten ausgestattet. Ein langer weiter Flur mit Reklamevitrinen, kleinen Verkaufsständen und Garderobe für die Parterreplätze führte zu dem eigentlichen Kinosaal mit 1 868 Plätzen (1923 werden im Film-Kurier 2 040 Plätze erwähnt).

Einen Tag nach der Eröffnung heißt es im Kölner Stadt-Anzeiger: »Ein breiter, weiter Saal mit einer Galerie darüber; keine vertäfelten Logen mehr, alles offen dastehend. Klappsitze unten, bequeme Sessel oben. In Rot und einer fahlen Fleischfarbe, zu hellstem Braun neigend, ist alles gehalten, grünlich die Decke. Die Galeriebrüstung weist in den fast pompejanisch roten Füllungen expressionistische Zeichnungen auf. Zur Galerie führt eine breite Treppe, in hellgrüner Dekoration gehalten, ein Vorraum mit Bildverzierungen in expressionistischem Stil. Grüner Samt deckt die weiße Leinwandfläche, auf der die Bilder abrollen sollen.«

Die »Schauburg« zählte zu den modernsten Kinos in der Stadt und zeigte – neben drei weiteren Kinos – Weihnachten 1929 erstmals Tonfilme. Neben Filmvorführungen fanden auch Boxkämpfe und Theateraufführungen statt.

 

Kinobetreiber

Mathias Josef Kautz, in Berlin ansässiger Maschinenbau-Ingenieur, gründete für den Erwerb des Grundstücks die Alt-Köln GmbH und für die Führung des Kinos die Schauburg GmbH. Er war Geschäftsführer beider Gesellschaften, für die Schauburg GmbH zusammen mit seinem Schwiegersohn, dam Bankkaufman Josef Rösener, dem bereits das Alhambra auf der Ehrenstraße gehörte.

1929 trennten sich die Beiden, Kautz zahlte seinen Schwiegersohn mit 750.000 Reichsmark aus.

Am 23. April 1923 meldet der Film-Kurier, dass die Phoebus AG im Emelka-Konzern „in Köln das größte Theater Deutschlands überhaupt, die Schauburg mit 2040 Plätzen“ erworben hat.

Am 2. April 1932 kündigt die Fachzeitschrift Der Kinematograph an: „Die Emelka schließt ihre Nachaufführungstheater (Emelka-Hochhaus-Theater am Ring Modernes Theater und Schauburg) am 31. März.“ Das Emelka wurde in neuer Trägerschaft fortgeführt.

1933: Inhaber ist wieder M.J. Kautz

Film-Kurier vom 12.5.1934: „Herr Fink hat am Himmelfahrtstag in Köln sein neues Unternehmen ´Schauburg´ nach achttägiger Renovierungsarbeit neueröffnet und gleich am ersten Tage großen Erfolg gehabt.“

Ab 1937 und während des Zweiten Weltkrieges führte W. Finck das Kino, der bereits das Agrippina nebenan besaß.

1948 führte die Erbengemeinschaft Edith und Kurt Kautz das Kino.

 

Zerstörung und Wiederaufbau

Bei einem ersten Bombenangriff auf Köln im Jahre 1941 zerstörten Brandbomben das Gebäude. Zwar wurde es noch während des Krieges wieder aufgebaut, um weiterhin Filme zeigen zu können, doch bevor es dazu kam, wurde der zurückliegende Kinosaal am 31. Mai 1942 völlig zerstört.

Der Wiederaufbau des Kinos erfolgte 1948, am 3. Dezember fand die Wiedereröffnung statt. Der Neubau beschränkte sich jedoch auf den Bereich des ehemaligen Foyers, das zu einem 350 Plätze fassenden Saal umgebaut wurde. Große Sorgfalt legte man auf die Restaurierung der stark beschädigten expressionistischen Fassadenreliefs. Kinobetreiber Kurt Kautz erinnert sich in einem Gespräch 1990 mit Bruno Fischli und Anita Post, dass die Vormittagsvorstellung die am besten besuchte war, »abends um 8 Uhr die schlechteste, weil die Leute zu bange waren, vom Neumarkt rüber durch die Trümmer ins Kino zu kommen.«

Am 31.3.1963 wurde die Schauburg endgültig geschlossen und abgerissen. An ihrer Stelle errichtete der WDR ein neues Gebäude.

 

Quellen Text: S. Wüster-Bludau, Köln im Film e.V
https://museenkoeln.de/portal/bild-der-woche.aspx?bdw=2021_15
https://www.koeln-im-film.de/datenbank/kinos-a-z/detail/116

Abgerufen am 12.02.2024

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