Hermann Sester (1877 – 1932) und (1909 – 1990)

Brauereibesitzer

Hermann Sester (1877 – 1932)

Hermann Sester jun. (1909 – 1990)

 

Der Ursprung der Brauerei Sester in Widdersdorf

Im Jahr 1805 wurde in Widdersdorf, erst seit 1975 ein Stadtteil von Köln, damals noch unter französischer Verwaltung, von Wilhelm Sester eine Brauerei gegründet. Über die ersten 100 Jahre des Bestehens gibt es nur wenige Informationen, auch wie lange die Brauerei unter Leitung von Wilhelm Sester geführt wurde ist unklar. Die Brauerei ging irgendwann in die Leitung von Reiner Sester über, der sie bis ins Jahr 1861 führte. In diesem Jahr kam mit Anton Sester wiederum die nächste Generation ans Ruder. Im Jahr 1886 übernahm Hermann Sester die Brauerei, die er bis zum Jahr 1902 führte. In diesem Jahr stieg Peter Sester mit in die Geschäftsführung der Brauerei ein und diese wurde in „Bürgerliches Brauhaus Widdersdorf, Gebrüder Sester“ umfirmiert.

Im Jahr 1904 wurde groß investiert, an der Hauptstraße in Widdersdorf wurden neue moderne Brauereigebäude errichtet. Aufgrund der Ausmaße und des Gebäudezuschnitts ist davon auszugehen, dass die Brauerei damals schon über eine Dampfkochung sowie eine Eismaschine verfügte.

Das Geschäft florierte so gut, dass man an die Kapazitätsgrenzen der Widdersdorfer Brauerei stieß. Im Jahr 1917 (laut Brauereiverzeichnissen) oder 1918 (in einem Brief der Kölner Brauhaus Vereinsbrauerei aus dem Jahr 1918 wird der 2. Oktober 1918 als Verkaufsdatum genannt) wurde der Betrieb von Widdersdorf nach Köln-Ehrenfeld in die Vogelsanger Straße 17 verlegt. Die Gebrüder Sester kauften dort die GmbH-Anteile der bereits seit einigen Jahren stillgelegten „Kölner Brauhaus Vereinsbrauerei GmbH, Köln“.

 

Die Ursprünge der übernommenen Brauerei in Köln-Ehrenfeld

Peter Zündorf gründete im Jahr 1896 in Köln-Ehrenfeld, im Vogelsanger Weg, die Brauerei, die später von den Gebrüder Sester übernommen und weitergeführt wurde. Die Mitglieder der Familie Zündorf waren keine Unbekannten in der Kölner Brauerszene, sie führten im letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts eine Reihe von Brauereien (siehe Anmerkungen). Auch für Peter Zündorf war dies nicht die erste Brauerei. Bereits seit 1884 betrieb er die Brauerei, die sein Nachfolger bei der Übernahme im Jahr 1998 in „Obergäriges Brauhaus zum Kaiser“ (im Volksmund „dreckelige Kaiser“ genannt) umbenannte.

Viel Erfolg schien Peter Zündorf nicht zu haben, da die Brauerei bereits 3 Jahre später neue Besitzer bekam, welche auch den Namen „Kölner Brauhaus“ einführten. Die Brauerei firmierte fortan als „Kölner Brauhaus Müller & Horstmann“. Diese Firmierung hielt wiederum nur 2 Jahre, nach dem Ausstieg seines Kompagnons führte Gottfried Müller die Brauerei ab 1901 alleine weiter. Mehr als 2 Jahre hielt aber auch diese Firmierung nicht. Im Jahr 1903 wurde die Brauerei an verschiedene Kölner Gastronomen weiterverkauft, die die Brauerei in eine GmbH überführten und „Kölner Brauhaus, Vereinsbrauerei GmbH“ nannten. Gottfried Müller war weiterhin an der Brauerei beteiligt und einer der Geschäftsführer. Ein weiterer Geschäftsführer zu dieser Zeit war Wilhelm Westermann (im Jahr 1905 durch Johann Ackermann ersetzt). Ob es noch weitere Geschäftsführer gab ist mir nicht bekannt.

Die Brauerei wurde im Jahr 1907 noch einmal modernisiert und verfügte über eine Dampfkochung sowie 2 Eismaschinen.

Im Laufe des ersten Weltkriegs wurde die Brauerei infolge Rohstoffknappheit und der damit verbundenen finanziellen Auswirkungen stillgelegt, die Firma formal aber weitergeführt.

 

Die Entwicklung der Sester-Brauerei in Köln-Ehrenfeld bis zum zweiten Weltkrieg

Nach der Übernahme der Brauerei in Köln-Ehrenfeld wurde zunächst der Name der Brauerei beibehalten. Im Jahr 1922 verkaufte die Familie Sester dann die Gebäude der alten Brauerei in Widdersdorf an die „Landwirtschaftliche Getreide-Brennerei Widdersdorf Schönau & Co“, welche bis Anfang der 1990er Jahre dort u.a. „Widdersdorfer Korn“ herstellte.

Am 24. April 1923 trennte man sich von dem Begriff „Vereinsbrauerei“, die Brauerei wurde umfirmiert in “Kölner Brauhaus Gesellschaft mit beschränkter Haftung“.

Die Brauerei war von Anfang an auf Faßbier- und Flaschenbierverkauf ausgerichtet und war sehr erfolgreich. Besonders bekannt war die Brauerei für ihre Brauereigespanne zur Bierauslieferung, die von Hannoveranern gezogen wurden. Für diese Gespanne war die Brauerei schon zu Widdersdorfer Zeiten bekannt gewesen.

Ende der 1920er Jahre wurde das Sudhaus in Köln-Ehrenfeld erneuert.

Produziert werden in dieser Zeit überwiegend „Sester Kristall“, „Sester Pils“ und „Coellen Pils. Es wird aber auch ein obergäriges Bier „Echt Kölsch“ produziert, welches Anfang der 1930er Jahre in “Kölsch-Alt” umbenannt wurde.

Am 29. April 1930 übernahm die Kölner Brauhaus GmbH die „Kevelaerer Bürgerbräu GmbH“ aus Kevelaer bei Geldern  und benannte sie in „Brauerei Sester GmbH“ um. Wie es hierzu kam ist unbekannt, zumal die Brauerei mit über 100 Kilometern Entfernung von Köln nicht gerade um die Ecke lag.

Die „Kevelaer Bürgerbräu GmbH“ bestand in dieser Firmierung seit 1899 und war 1885 als „Brauerei und Hotel P.J. Schellen gegründet worden. Die Führung der Brauerei in Kevelaer übernahmen als Geschäftsführer „…Julius Mudenheim, Braumeister in Kevelaer, Gerhard Sester, Student, Freising bei München, Hermann Sester junior, Kaufmann zu Köln-Ehrenfeld, Hermann Sester Senior, Bierbrauereibesitzer, Köln-Ehrenfeld (zeitiger alleiniger Aufsichtsrat) …“ .

In einschlägigen Brauereiverzeichnissen wird aufgeführt, dass die Brauerei nur von 1929 bis 1930 unter dem Namen „Brauerei Sester GmbH“ existierte. Das Anfangsjahr ist definitiv falsch, das Endjahr hat vielleicht den Hintergrund, dass die Brauerei in Kevelaer als Zweigstelle der Brauerei in Köln geführt wurde. Das genaue Datum der Schließung der Brauerei in Kevelaer ist nicht bekannt. Gesichert ist der Bestand bis ins Jahr 1935, vermutlich wurde die Brauerei im zweiten Weltkrieg geschlossen.

Nach dem Tod von Hermann Sester im Jahr 1932 übernimmt seine Witwe, Anna Maria Hubertine Sester geb. Müller, die Führung der Brauerei als alleinige geschäftsführende Gesellschafterin.

Jahr 1934 sind einem Brauereiverzeichnis folgende Informationen zu entnehmen: „…Geschäftsführende Gesellschafterin: Frau Hermann Sester. Prokuristen: Heinrich Stillger, Gerhard Sester, Hermann Sester jr. Braumeister: Hans Günther. Betrieb: Sudhausanlage 60 Ztr. Schüttung, 2 Kühlmaschinen (400 000 Kal.), Faß- u. Flaschenreinigung; Kraftwagen, Pferde. Produktion: Unter- u. obergärige Biere, ferner Eis. Angestellte 11. Arbeiter: 35…“. Man hatte sich noch nicht mal die Mühe gemacht Anna Maria Hubertine Sester beim Namen zu nennen, ein „Frau Hermann Sester“ genügte. Immerhin aber war sie die alleinige Chefin der Brauerei.

Am 19. Dezember 1936 wurde die Brauerei in „Brauerei Sester Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ umfirmiert. Diese Firmierung hatte volle 5 Tage bestand, bevor die Brauerei am 24. Dezember 1936 in eine offene Handelsgesellschaft, die „Brauerei Sester OHG“ umgewandelt wurde. Warum der Zwischenschritt erfolgte ist unklar. Persönlich haftende Gesellschafter der Brauerei Sester waren Anna Maria Sester geb. Müller sowie ihre Söhne Gerhard Sester und Hermann Sester.

 

Die Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg

Im zweiten Weltkrieg wurde die Braustätte in Köln-Ehrenfeld stark zerstört, aber nach dem Krieg wiederaufgebaut. Im Jahr 1953 wurden bereits wieder 18.000 hl produziert. 1963 wurde eine neue Flaschen-Abfüllanlage installiert. Auf dem Höhepunkt der Brautätigkeit in den 70er Jahren werden ca. 120 Mitarbeiter beschäftigt und eine breite Palette an Biersorten produziert (Kölsch, Pilsener, Alt, Export, Malz, Bock). Dem Trend auf dem Kölner Markt folgend verschwanden außer dem Kölsch immer mehr Biersorten, zuletzt das Pils Anfang der 1990er Jahre.

1993 verkaufte die Familie Sester das Unternehmen an die Brau und Brunnen AG. Jedoch wurden Grundstück und Gebäude nicht verkauft, sondern nur der Markenname und die Braurechte. Dies hat zur Folge, dass Sester-Kölsch ab diesem Zeitpunkt in der Bergischen-Löwen-Brauerei in Köln-Mühlheim gebraut wurde, welche ebenfalls zur Brau und Brunnen AG gehört.

Gemäß der generellen Strategie von Brau und Brunnen wurde Sester Kölsch in den Gaststätten durch die „Premium-Marken“ des Konzerns, Sion oder Gilden Kölsch ersetzt. Dies spiegelt sich auch gut in den Produktionszahlen wider. Zu Hochzeiten der Brauerei wurden jährlich über 200.000 hl produziert, 2 Jahre nach der Übernahme, also im Jahr 1995, nur noch 90.000 hl und im Jahr 2001 hatte sich die Produktion noch einmal auf 45.000 hl halbiert.

Die Firma „Sester-Brauerei“ fristete noch einige Jahre ein Dasein als Vertriebsfirma bis sie ganz verschwand. Sester Kölsch gibt es Stand 2021 noch im Billigsegment als Flaschenbier.

 

Quelle Text: Mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung von Michael Berger und seiner umfangreichen Website Kölsch in koelsch.net.de, mit viel Wissenswertem zu den Kölner Brauereien.

Schaut doch mal rein: http://koelsch-net.de/koelsch-net/anz/B_Sester.htm

Abgerufen am 02.04.2024

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