Theater- und Fersehschauspieler
Der gebürtige Kölner Willy Birgel war ein populärer Theater- und Fernsehschauspieler. Seine größten Erfolge feierte er in den 1930er und 1950er Jahren. In die Kritik geriet er, weil er in NS-Propagandafilmen mitgewirkt hatte, weshalb er nach 1945 zeitweise Auftrittsverbot hatte.
Wilhelm Maria Birgel kam am 19.9.1891 als erstes Kind des für den Kölner Dom tätigen Goldschmieds Johann Heinrich Birgel (gestorben 1917) und dessen Frau Henriette, geborene Dreyers in Köln zur Welt und wuchs dort mit fünf Geschwistern auf. Es war der Wunsch seines Vaters, dass er den väterlichen Betrieb, dass 1889 gegründete Atelier für kirchliche und profane Goldschmiedekunst, übernehmen sollte. Daher besuchte Willy nach Abschluss der Oberrealschule 1907 zunächst die Kunst- und Handwerkerschule in Köln und anschließend die Kunstakademie in Düsseldorf. Aber schon mit 16 Jahren war er von einer Aufführung des Dramas „Mona Vanna” von Maurice Maeterlinck (1862-1949) so beeindruckt, dass er insgeheim beschloss, Schauspieler zu werden. Er wirkte heimlich bei einer Laienbühne mit und trat 1910 nach erfolgreicher Aufnahmeprüfung in die Kölner Schauspielschule ein. Aufgrund seiner auffallend guten Leistungen bekam er einen ersten Vertrag am Stadttheater in Bonn, wo er zunächst mit kleinen Nebenrollen betraut wurde.
Der Erste Weltkrieg unterbrach seine künstlerische Laufbahn. Nach der Einberufung 1914 diente er als Artillerist an der Ostfront und wurde in Serbien schwer verwundet. Nach einem Lazarettaufenthalt konnte er zwar in Koblenz kurzzeitig als schauspielernder Soldat am Stadttheater auftreten, musste aber an die Front zurückkehren und kämpfte als Nachrichtenoffizier bis zum Kriegsende an der Westfront.
Nach der Rückkehr nach Köln 1918 und kurzfristigen Engagements in Dessau und Koblenz bekam Birgel von 1919 bis 1924 am Aachener Stadttheater eine feste Anstellung als „Charakterliebhaber und Bonvivant”. Ab 1924 wurde er festes Mitglied des Mannheimer Nationaltheaters, wo er bis 1934 große Erfolge feierte und sich zu einem eindrucksvollen Charakterschauspieler entwickelte. Er glänzte mit Shakespeares Hamlet, Richard III. und Heinrich IV., der Rolle des Franz Moor aus Schillers „Die Räuber”, spielte den Mephisto in Goethes „Faust”, den Gessler in Schillers „Wilhelm Tell”.
Bei einem Gastspiel des Mannheimer Nationaltheaters in Berlin im Jahre 1934 begeisterte Willy Birgel im Schauspiel „Die Marneschlacht” von Paul Joseph Cremers (1897-1941) in der Rolle des Oberstleutnant Hensch nicht nur das Publikum, sondern auch Kritik und Bühnenleiter. Die UFA trat an ihn heran und bot ihm eine prägnante Nebenrolle in Paul Wegeners (1874-1948) „Ein Mann will nach Deutschland” und eine Hauptrolle in Arthur (Artur) Robisons (1888-1935) „Fürst Woronzeff” (beide 1934). Damals war noch nicht abzusehen, dass sich der bereits 43 Jahre alte Willy Birgel in den nächsten Jahren zu einem Frauenschwarm und Publikumsliebling entwickeln würde.
1936 verlegte Birgel, der bis dahin zwischen Mannheim und Berlin hin und her gependelt war, seinen Wohnsitz nach Berlin. Er spielte weiter Theater an der Volksbühne und drehte daneben Unterhaltungsfilme, unter anderem mit Zarah Leander (1907-1981), Gustaf Gründgens und Heinrich George (1893-1946). Er verkörperte den eleganten, noblen, kultivierten Weltmann reifen Alters, den untadeligen Arzt, Offizier, Dirigent oder Erfinder, den charmanten Grandseigneur. Auch in Propagandafilmen des NS-Regimes wirkte er mit, was ihm 1937 die Ernennung zum Staatsschauspieler durch Joseph Goebbels bescherte. Dies und insbesondere seine Darstellung des Rittmeisters Ernst von Brenken in dem Propagandastreifen „…reitet für Deutschland” (1941), der durch seine Teilnahme am „Großen Preis von Europa” seine eigene aber vor allem die „deutsche Ehre” wiederherstellen sollte (der Film erhielt von der damaligen Filmprüfstelle das Prädikat „staatspolitisch besonders wertvoll”), brachten ihm nach dem Zweiten Weltkrieg ein zeitweiliges Auftrittsverbot durch die Alliierten ein. Heute noch assoziieren viele Zeitgenossen den Namen Willy Birgel automatisch mit dem Filmtitel “…reitet für Deutschland”. Willy Birgel verkörperte den Herrenreiter schlechthin.
Seine erste Nachkriegsrolle spielte er 1947 in dem Film „Zwischen gestern und morgen”. Er konnte schnell wieder an seine alten Erfolge anknüpfen und war in den 1950er Jahren einer der meistbeschäftigten Schauspieler in Deutschland. Auch jetzt spielte er in bekannter Birgel-Tradition erstklassige Offiziere, russische Gouverneure, elegante Ratsherren, Industrielle mit feiner Lebensart, Aristokraten, Rittmeister. Oft umwehte ihn der Hauch wehmütiger Noblesse und innerer Contenance. Auch mit zunehmendem Alter änderte sich der Rollentypus nur wenig, er spielte den reiferen Herrn, den Charmeur der alten Schule oder auch die Vaterfigur. Seinen letzten Film, Peter Schamonis (geboren 1934) „Schonzeit für Füchse”, drehte er 1965.
Ansonsten arbeitete er in den 1960er Jahren hauptsächlich für das Fernsehen. Zu seinen Fernsehproduktionen in dieser Zeit gehörten „Frau Cheneys Ende” (1961) „Andorra” (1964) „Der Kreidegarten” (1966), „Der Meteor” (1967) und „Sommersprossen” (1968). Seinen letzten Auftritt hatte er in „Glückspilze” (1971). Seine Theaterleidenschaft hat er über all dies aber nie vergessen und ist auch während seiner Filmkarriere immer wieder mit großem Erfolg am Theater aufgetreten. Daneben war Birgel auch als Dozent an der Essener Folkwang-Schule tätig.
1961 bekam Willy Birgel den Bambi und den Deutschen Filmpreis, 1966 das Filmband in Gold und 1972 den Grillparzer-Ring der Stadt Wien.
Er war zweimal verheiratet. 1913 ehelichte er seine Kollegin Carola Cajetan, die er am Bonner Stadttheater kennen gelernt hatte. Aus dieser Ehe stammte der 1914 geborene Sohn Georg (gestorben 1967). Nach der Trennung 1940 heiratete er im selben Jahr die Schauspielerin Charlotte Michael, mit der er Tochter Christine (geboren 1942) hatte. Auch diese Ehe endete 1968 mit einer Scheidung.
Am 29.12.1973 starb Willy Birgel im Alter von 82 Jahren an Herzversagen in Dübendorf bei Zürich, wo er seit Mitte der 1960er Jahre wohnte. Seine letzte Ruhestätte fand er in seiner Heimatstadt Köln auf dem Friedhof Melaten.
Quelle Text:
Steinhausen, Erika, Willy Birgel, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/willy-birgel-/DE-2086/lido/57c5835528c411.72291810 (abgerufen am 09.05.2021)