Matthäus Biercher (1797 – 1869)

Königlicher Baurat / Architekt
Er arbeitete z.B. die Pläne für verschiedene Regierungsgebäude und den Klinelpütz aus.

Ein Nachruf aus den Kölner Lokal Nachrichten vom 5. Mai 1869

In der Person des hierselbst am 2. Mai, in seinem 73. Lebensjahre hingeschiedenen königlichen Baurates Matthäus Biercher, hat unsere Stadt wiederum einen angesehenen Bürger verloren. Herr Biercher, ein geborener Kölner, wandte sich schon in früher Jugend dem Baufache zu. Im Jahre 1815 unterbrach er seine Studien, um als Freiwilliger sich an dem erneuten Kampfe gegen Frankreich zu beteiligen, kehrte erst im Jahre 1816 mit einem Teil der Besatzungstruppen aus Frankreich zurück und nahm sofort seine Studien wieder auf.

1818 trat Biercher bei der hiesigen Regierung als Bau-Conducteur in den Staatsdienst. (Conducteur ist eine historische Berufsbezeichnung im Bau- und Vermessungswesen. Vom 17. bis ins 19. Jahrhundert war ein Kondukteur ein Mitarbeiter bzw. Gehilfe bei Vermessungs- und Zeichenarbeiten).

In dieser Stellung wurde er u. a. auch bei der Ausarbeitung der Pläne zur baulichen Errichtung des ehemaligen kurfürstlichen Schlosses zu Bonn, zum Universitätsgebäude beschäftigt. Der junge Architekt begab sich zunächst nach Berlin und bestand nach 2-jährigem Besuch der dortigen Bauakademie das sogenannte große Examen.

Nach seiner Vaterstadt Köln zurückgekehrt, nahm Biercher im Herbst 1821 bei der hiesigen Regierung wieder eine Stellung ein und wurde schon 1822 zum Bauinspektor ernannt. Von da ab war er mit der Ausarbeitung und Ausführung der Pläne zu einer großen Anzahl von zum Teil sehr bedeutenden Neubauten betraut, von denen wir nur das hiesige Regierungsgebäude und die nach dem pennsylvanischen System angelegte neue Strafanstalt am Klingelpütz erwähnen.

Bei dem letzteren Bau erzielte Biercher gegen den Kostenvoranschlag eine Ersparnis von 10.000 Talern, wofür er mit der Verleihung des Roten Adler-Ordens belohnt wurde. Sodann führte er auch zwei Restaurationsbauten von ungemeiner Bedeutung aus:  Wiederaufbau der berühmten Abteikirche zu Altenberg und Herstellung und Einrichtung des königlichen Schlosses zu Brühl. Für die tüchtige Lösung der ersteren Aufgabe wurde dem gewissenhaft im Geiste des aus dem 13. Jahrhunderts stammenden Bauwerks verfahrenden Hersteller 1843 an Ort und Stelle die Anerkennung Friedrich Wilhelm`s IV mit schmeichelhaften Worten zu Teil.

Für die sorgfältige Leitung des berühmten Baues empfing er 1844 von dem königlichen Bauherrn eine mit Brillanten besetzte goldene Tabatiere. (Eine Tabatiere ist eine Dose zur Aufbewahrung von Schnupftabak). Einige Jahre später (1847) wurde ihm der Titel als Baurat verliehen. Außer den vorbemerkten und vielen anderen öffentlichen Bauten hatte Biercher auch Gelegenheit, manche bedeutenden Bauten für Rechnung von Privaten zu projektieren und auszuführen, so unter anderem das im Jahr 1859 abgebrannte Stadttheater in Köln.

Durch Gesundheitsrücksichten veranlasst, erbat und erhielt Biercher 1848 seine Entlassung aus dem Staatsdienst, fuhr aber nach Möglichkeit fort, seine Muße nutzbar zu machen. Bei der im Jahr 1848 ausgeschriebenen Konkurrenz für die Errichtung von 2zwei Wasser-Heizapparaten in der Paulskirche zu Frankfurt, dem Sitzungslokal des deutschen Parlaments, wurde sein Plan als der Beste angenommen und ihm die Ausführung desselben übertragen, eine Aufgabe, die er mit dem besten Erfolg zu lösen wusste.

Im Herbst 1850 wurde Biercher in Köln zum Abgeordneten in die erste Kammer gewählt, legte aber einige Monate später sein Mandat nieder. Während er damals noch in Berlin war, wurde er in Köln zum Gemeindeverordneten gewählt und in dieser Stellung bei allen folgenden Erneuerungswahlen bestätigt. Zunehmende Kränklichkeit nötigte ihn im Jahr 1867 das Amt des Stadtverordneten niederzulegen. Die rege Tätigkeit, welche Biercher in diesem Amt und zumal auch als Mitglied der städtischen Baukommission den Interessen seiner Vaterstadt zuwandte, steht noch in bestem Andenken.

Noch ist anzuführen, dass er bauliche Verbesserungen der Stadt Köln, Straßenverbreiterungen und dergleichen, stets mit besonderem Eifer zu fördern suchte und das er vor etwa 3 Jahren ein großartig gedachtes Projekt zur Erweiterung der Stadt Köln entwarf und hierüber eine Denkschrift und einen Situationsplan auf seine Kosten drucken ließ. Wie hoch der Verstorbene in der Achtung seiner Mitbürger stand, zeigte das zahlreiche Trauergefolge, welches gestern am 2. Mai 1869, die sterblichen Überreste desselben zum Friedhof Melaten geleitete.

Eigene Recherche © Wolfgang Kranz

 

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