Fabrikant, Unternehmer und Kommunalpolitiker
Am 30. Dezember 1876 wurde Ernst Leyendecker, der Sohn von Ernst Wilhelm Leyendecker (1816 – 1891) in der Firma „W. Leyendecker & Cie“ zum Prokuristen bestellt. Bereits im Juni 1882 trat Ernst Leyendecker als Mitgesellschafter in das Unternehmen seines Vaters ein.
Schon in vorindustrieller Zeit wurde in Köln Blei aus der Eifel, dem Bensberger Revier, vom Mittelrhein und der Lahn gehandelt. Die Stadt war also für die Bleiverarbeitung prädestiniert. 1810 entstand eine erste Bleiweißfabrik und in den 1850er Jahren entwickelte sich Köln zu einem Zentrum der rheinischen Bleifarbenherstellung. Zu den Vorreitern gehörte die Firma Lindgens & Söhne, die bereits 1851 Mennige produzierte.
Die Firma Odenthal & Leyendecker wurde 1843 in der Kölner Altstadt als Bleiröhrenfabrik gegründet. 1854 begann die Produktion von Bleifarben (Mennige, Bleiweiß etc.). 1869, nach dem Ausscheiden Odenthals, errichtete Wilhelm Leyendecker das neue Werk im aufstrebenden Industrievorort Ehrenfeld.
Wo sich hinter der ehemaligen Werksmauer heute der Leo-Amann-Park erstreckt, arbeiteten um 1914 etwa 400 Beschäftigte mit dem seit der Antike geschätzten, aber gesundheitsgefährdenden Schwermetall. Die Arbeiter litten an chronischen Verdauungsbeschwerden, Blutarmut, Muskellähmungen, Schwindelzuständen und Koliken. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug 41 Jahre. Dennoch galten die Vorsorgemaßnahmen bei Leyendecker als mustergültig. Dazu gehörten die Vermeidung von Bleistaub, vom Werk gestellte und regelmäßig gereinigte Arbeitskleidung, separate Räume für Kaffee- und Mittagspausen, wöchentliche ärztliche Untersuchungen und ab 1870 eine Krankenkasse.
Am 23. April 1884 kündigen Ernst Leyendecker, Kaufmann, Zeughausstraße 16-18 und Emilie Hellmers, Rheinaustraße 18, ihre Heirat an. Bereits am 14. Mai erfolgt dann die Vermählung. Am 24. Juni 1885 wird die Geburt des Sohnes Herbert angezeigt, die neue Adresse ist die Mittelstraße 1A. Am 10. Juni 1887 folgt dann ein gesundes Mädchen Eleonore.
Der Vater und Unternehmensgründer Ernst Wilhelm Leyendecker verstarb am 18. Juni 1891 in Wiesbaden, am 30. Juni 1891 schied er durch den Tod aus der Gesellschaft aus. Zur Grabstätte von Ernst Wilhelm Leyendecker sind keine Informationen vorhanden.
In den folgenden Jahren gibt es von Ernst Leyendecker fast nur Bekanntmachungen aus verschiedenen Vereinen, Ämtern, Gesellschaften, der Handelskammer und Stadtverordnetenversammlungen, offensichtlich war er in halb Köln im Vorstand oder zumindest in einer „leitenden Position“.
Ernst Leyendecker starb am 6. Februar 1902 an den Folgen eines Unfalls, der nachfolgende Nachruf aus dem Kölner Lokal Anzeiger vom 7. Februar 1902 schildert ein bisschen aus seinem Leben.
Herr Stadtverordneter Ernst Leyendecker ist gestern in rüstigem Mannesalter durch den Tod dahingerafft worden. Durch einen Sturz von der Leiter zog er sich vor etwa 14 Tagen in seiner Fabrik einen Beinbruch sowie innere Verletzungen zu, und dieser Unfall hat nunmehr seinen Tod zur Folge gehabt. Der Fabrikant Ernst Leyendecker wurde am 23. Mai 1898 an Stelle des verstorbenen Robert Heuser in das Stadtverordnetenkollegium gewählt und gehörte der liberalen Fraktion an.
Wie seine eifrige Betätigung in gemeinnützigen Unternehmungen erwarten ließ, brachte er als Stadtverordneter den sozialpolitischen Aufgaben der Gemeinde ein reges Interesse entgegen. Dies bewies er namentlich als Mitglied der sozialpolitischen Deputation. Außerhalb des Kollegiums bewegte sich in gleicher Richtung seine Tätigkeit, als Mitbegründer und Vorsitzender der Arbeiter-Wohnungsgenossenschaft in Ehrenfeld, als Vorsitzender des Krankenkassenverbandes, als Vorsitzender des Vereins zur Verpflegung Genesender, als Begründer und Vorsitzender des Vereins weiblicher Angestellter. Wie sich namentlich in der letzteren Gründung zeigte, interessierte er sich für die weitere Fortbildung der Jugend in ganz besonderem Maße; darum gehörte er auch als Stadtverordneter dem Kuratorium mehrerer städtischer Bildungsanstalten an.
Wir verweisen im Übrigen auf den Nachruf, welcher dem Verstorbenen in der gestrigen Stadtverordnetenversammlung gewidmet wurde.
Ein Rückblick auf das Begräbnis von Ernst Leyendecker aus dem Kölner Lokal-Anzeiger vom 12. Februar 1902
Unter sehr zahlreicher Beteiligung der Bürgerschaft wurde am Sonntag gegen Mittag die irdische Hülle des verstorbenen Stadtverordneten Ernst Leyendecker zu Grabe getragen. Dem Trauerzuge voran schritten etwa 60 Arbeiter der Fabrik Leyendecker & Co, welche je einen großen Kranz und sonstige Blumenspenden trugen. Dann folgte unter Vorantritt der Kapelle des Artillerieregiments Nr. 7 der deutsche Kriegerverein Kaiser Friedrich mit umflorter Fahne, dem sich etwa 30 Meister und Arbeiter der Leyendeckerschen Fabrik, die wieder je eine der vielen Kranzspenden trugen, anschlossen.
Unter letzteren befanden sich ein prächtiger Kranz, gewidmet von dem Oberbürgermeister, den Beigeordneten und Stadtverordneten der Stadt Köln, ferner der Musikalischen Gesellschaft, Lesegesellschaft, des Nationalliberalen Vereins, des Vereins nationalliberaler Jugend, der Vereinigung der Walz-, Blei- und Rohrfabriken, der Studenten der Handelshochschule, des Ortskrankenkassenverbandes, des Vereins weiblicher Angestellten usw.
Dem Leichenwagen folgten außer den zahlreichen Anverwandten ein unabsehbarer Zug Leidtragender. Den Schluss des Leichenzuges bildeten weit mehr als 100 Wagen. An der offenen Gruft hielt Pfarrer Schnelter die Trauerrede, in welcher er das Leben und das Wirken des Verstorbenen schilderte.
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