August Sander (1876 – 1964)

Bedeutender Fotograf des 20. Jahrhunderts

August Sander (* 17. November 1876 in Herdorf; † 20. April 1964 in Köln) war ein deutscher Fotograf. Er gilt als einer der wichtigsten und für die Porträtgeschichte einflussreichsten Fotografen des 20. Jahrhunderts. Mit seinem Werk Menschen des 20. Jahrhunderts schuf er ein „epochemachendes“ Fotoprojekt. Seine Bilder sind vornehmlich der dokumentarisch-sachlich-konzeptuellen Fotografie zuzuordnen.

Leben

1876–1900: Entwicklung und Ausbildung

August Sander wurde als Sohn eines Grubenzimmerhauers geboren und wuchs im Kreis von sechs Geschwistern auf. Nach Abschluss der Volksschule arbeitete er als Haldenjunge auf dem Gelände einer Herdorfer Eisenerzgrube. Dort machte er die Bekanntschaft mit einem Siegener Berufsphotographen, der sein Interesse für die Fotografie auslöste. Mit finanzieller Hilfe seines Onkels kaufte er seine erste eigene Fotoausrüstung.

Einen weiteren Schritt auf dem Weg zu seinem späteren Beruf unternahm August Sander in Trier, wo er seinen Militärdienst (1897–1899) absolvierte. Nebenbei arbeitete er im Atelier von Georg Jung, wo er weitere Erfahrungen sammelte. Mit dessen Empfehlung ging er danach auf zweijährige Wanderschaft (1899–1901), die ihn laut den Erinnerungen seines Sohnes Gunther Sander u. a. nach Berlin, Magdeburg, Halle (Saale) und Leipzig führte. In Dresden besuchte er höchstwahrscheinlich die Malschule von Martin Schumann und/oder von Ernst Sonntag. Fotografieren, Zeichnen und Malen gehörte für Sander in dieser Zeit noch zusammen.

1901–1909: Auslandserfahrung und Familiengründung

Für die Photographische Kunstanstalt Greif in Linz an der Donau arbeitete August Sander ab 1901 zunächst als Angestellter. Im folgenden Jahr übernahm er das Atelier gemeinsam mit seinem Teilhaber Franz Stukenberg. Auch die Heirat mit Anna Seitenmacher fiel in das Jahr 1902. Sohn Erich kam 1903 zur Welt. 1904 wurde August Sander Alleineigentümer des Ateliers für bildmäßige Porträts, Landschafts- und Photographie in natürlichen Farben. Seine Fotografien wurden vielfach ausgestellt und ausgezeichnet. Von 1904 bis 1909 war er Mitglied des Oberösterreichischen Kunstvereins. 1907 wurde sein Sohn Gunther geboren. Nachdem der ältere Sohn Erich im Sommer 1909 schwer an Polio erkrankt war, gab Sander sein Geschäft im selben Jahr auf und siedelte mit der Familie nach Köln um.

1910–1926: Berufliches

1910 gründete August Sander zunächst in Köln-Lindenthal auf der Hillerstraße 61 ein Atelier. Die Zwillinge Sigrid und Helmut wurden geboren, doch nur das Mädchen überlebte. 1911 erfolgte der Umzug zur Dürener Straße 201 im selben Stadtteil und damit auch die Einrichtung eines geräumigeren Ateliers. Zeitgleich begann eine verstärkte Fortsetzung von August Sanders fotografischer Tätigkeit im Westerwald, bei der zahlreiche Arbeiten entstanden, die er später in sein Werk Menschen des 20. Jahrhunderts einbezog.

Im Ersten Weltkrieg wurde August Sander zum Landsturm einberufen und kehrte erst bei Kriegsende 1918 zurück. Während dieser Zeit führte Anna Sander den Betrieb weiter.

Zu Beginn der 1920er-Jahre kam August Sander in Kontakt mit der Gruppe Kölner Progressive und fand in diesem Kreis starke Resonanz. In engem Austausch stand er mit den Künstlern Franz Wilhelm Seiwert, der auch Sanders Firmensignet entwarf, mit Heinrich Hoerle, Gerd Arntz, Gottfried Brockmann, Otto Freundlich, Raoul Hausmann und Stanislaw Kubicki (Berlin), Hans Schmitz-Wiedenbrück, Augustin Tschinkel (Prag/Köln) und Peter Alma (Amsterdam). Auch zu den Malern Jankel Adler, Otto Dix, Anton Räderscheidt und Marta Hegemann bestand eine engere Verbindung. Ihre Porträts, ebenso wie jene von Künstlern anderer Sparten, so etwa der Musik, Literatur, Baukunst und des Schauspiels, fanden sich in August Sanders großem Werk Menschen des 20. Jahrhunderts.

1927–1941: Reiseerlebnisse und Bekanntwerden in der Öffentlichkeit

1927 unternahm August Sander mit dem Schriftsteller Ludwig Mathar eine knapp siebenwöchige Reise nach Sardinien, auf der etwa 300 Aufnahmen entstanden. Eine geplante Buchveröffentlichung über die Reise kam nicht zustande. Die von der Photographischen Sammlung/SK Stiftung erarbeitete Ausstellung August Sander: Sardinien. Photographien einer Italienreise 1927 rekonstruierte 2009 das Projekt.

Im November 1927 stellte August Sander sein großes Porträtwerk Menschen des 20. Jahrhunderts im Kölnischen Kunstverein erstmals öffentlich vor. Zwei Jahre später erschien der Bildband Antlitz der Zeit mit einer Auswahl von 60 Porträts aus Menschen des 20. Jahrhunderts. Fünf Jahre später verfügten die Nationalsozialisten einen Ausstellungsstopp und zerstörten die Druckstöcke.

1931 hielt August Sander im Westdeutschen Rundfunk (WDR) eine sechsteilige Vortragsserie zum Thema Wesen und Werden der Photographie. Bislang (Stand 2018) wurde der fünfte Vortrag in Deutsch, Englisch und Französisch publiziert.

Zwischen 1933 und 1935 veröffentlichten die Verlage L. Schwann (Düsseldorf) und L. Horwarth (Bad Rothenfelde) sechs Hefte, in denen jeweils eine Region Deutschlands vorgestellt wurde: Die Eifel (1933), Bergisches Land (1933), Die Mosel (1934), Das Siebengebirge (1934), Die Saar (1934) und Am Niederrhein (1935). Die darin enthaltenen Aufnahmen von August Sander, teilweise auch von Erich Sander für den Familienbetrieb photographiert, führten durch verschiedene Bildthemen mit den Schwerpunkten Landschaft und Architektur. Des Weiteren fertigte August Sander botanische Studien und Detailstudien, beispielsweise von Händen, und übernahm zahlreiche Aufträge in Industrie und Werbung.

Im Jahr 1934 wurde Sohn Erich, der an der Universität zu Köln Philosophie und Nationalökonomie studiert hatte, zu einer der Leitfiguren der ab 1933 verbotenen SAPD (Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands). Er wurde denunziert, festgenommen und zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt.

1942–1946: Kriegsauswirkungen

Aufgrund der Kriegsereignisse war das Ehepaar Sander gezwungen, Köln zu verlassen. Ab 1942 vollzog sich schrittweise der Umzug in das Westerwalddorf Kuchhausen. 1944 wurde das Kölner Atelier durch Bombenangriffe zerstört, jedoch konnte August Sander den wichtigsten Teil des Archivs an seinen neuen Wohnort retten. Sohn Erich starb vor Ablauf seiner Haft an einem nicht behandelten, akuten Blinddarmdurchbruch im Siegburger Zuchthaus. 1946 zerstörte ein Brand zwischen 25.000 und 30.000 Negative, die noch im Keller nahe der ehemaligen Kölner Wohnung deponiert waren. Noch im selben Jahr begann August Sander mit einer umfangreichen Bilddokumentation über die kriegszerstörte Domstadt.

1947–1964: Ausstellungen und eigene Veröffentlichungen

Auf Anregung des Publizisten und Förderers der Fotografie, L. Fritz Gruber, wurde August Sander 1951 auf der zweiten photokina in Köln eine Retrospektive eingerichtet. Edward Steichen, Direktor der fotografischen Abteilung des New Yorker Museum of Modern Art (MoMa), besuchte ihn 1952 und erwarb aus seinem Archiv 50 Bilder zu unterschiedlichen Themen. Drei Jahre später fanden drei der Exemplare von August Sander Eingang in die von Edward Steichen kuratierte Wanderausstellung The Family of Man.

1953 kaufte die Stadt Köln das Werk Köln wie es war in 16 Bildmappen, inklusive 364 Negative. Die Fotografien stammten hauptsächlich aus den Jahren 1920 bis 1939. Posthum wurde das Projekt 1995 gemeinsam vom Kölnischen Stadtmuseum und dem August Sander Archiv, Kulturstiftung Stadtsparkasse Köln als Werkausgabe publiziert, die der originären Mappensequenz von August Sander entsprach.

1959 die dem Fotografen gewidmete Ausgabe der Kulturellen Monatsschrift du mit Texten von Golo Mann und Manuel Gasser sowie einem Wiederabdruck des 1929 in Antlitz der Zeit erschienenen Essays von Alfred Döblin, “Von Gesichtern, Bildern und ihrer Wahrheit”.

1962 das Buch August Sander. Deutschenspiegel. Menschen des 20. Jahrhunderts, mit einer Einleitung von Heinrich Lützeler.

Im Dezember 1963 wurde August Sander ins St. Anna Hospital in Köln-Lindenthal eingeliefert, wo er am 20. April 1964 infolge eines Schlaganfalls starb. Sein Grab befindet sich in Köln an der Seite seines Sohnes Erich Sander auf dem Melaten-Friedhof.

 

Quelle Text: Seite „August Sander“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 11. März 2023, 07:50 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=August_Sander&oldid=231699697 (Abgerufen: 30. April 2023, 14:48 UTC)

 

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