Großindustrieller
Otto Wolff war ein rheinischer Unternehmer und Kaufmann in der Stahl- und Eisenindustrie in der Zeit der Weimarer Republik und des Dritten Reiches, der aufgrund seines strategisch ausgerichteten und dynamischen Handelns, seines autoritär. Patriarchalischen Führungsstils, seines Lebensstils sowie seines politischen und kulturellen Handelns eine herausragende Rolle und Bedeutung eine weit über die Wirtschaft hinaus hatte.
Der Unternehmer und Kaufmann Otto Wolff wurde am 8.4.1881 als drittes und jüngstes Kind des katholischen Kirchenorganisten und Musiklehrers Johann Peter Wolff (1845-1892) und der evangelischen Unternehmertochter Albertine Kalthoff (1856-1916) in Bonn geboren und dort evangelisch erzogen, ebenso wie die ältere Schwester Caroline Elisabeth (Betty) (geboren 1876); ein weiteres Kind verstarb früh. Nach dem frühen Tod des Vaters beendete Otto Wolff die Schule mit dem Einjährigen und begann eine Lehre als Kaufmann. Nach deren Abschluss arbeitete er einige Zeit als Handelsvertreter, wozu 1901 auch ein längerer Paris-Aufenthalt gehörte, wo er gute Französischkenntnisse erwarb. Nach seiner Militärzeit als Einjährig-Freiwilliger trat er eine Stelle als Reisender auf Provisionsbasis für ein Kölner Schrott- und Eisenhandelsunternehmen an, bei dem er auch seinen späteren Kompagnon Ottmar Edwin Strauss (1878-1941), das jüngste Kind des jüdischen Unternehmers Emanuel Strauss (geboren 1841), kennenlernte.
Beide gründeten Ende Juni 1904 mit einem von Wolffs Mutter geliehenen Startkapital von 30.000 Mark eine Firma für Eisenhandel. Das neugegründete Unternehmen entwickelte sich erfolgreich und konnte bald Mitarbeiter einstellen. Auf eine kurze Krise folgten größere Aufträge und bald der Einstieg in das Neueisengeschäft, in den Handel mit Walzwerkerzeugnissen, insbesondere Weiß- und Feinbleche.
1905 heiratete Wolff die fünf Jahre ältere Anna Maria Sieberg (geboren 1876), deren Bruder Carl bis 1926 einer der Prokuristen der Firma war. Die Ehe wurde 1925 einvernehmlich geschieden. Das Paar hatte keine gemeinsamen Kinder, adoptierte aber 1914 und 1916 zwei Jungen, die die Namen Otto Wolff (1909-1959) und Hans Wolff (1911-1979) erhielten. Der dritte Sohn, Otto Wolff von Amerongen (1918-2007), entstammte Otto Wolffs Beziehung mit Else Pieper (1887-1968), die 1905 als erste Angestellte in die Firma eingetreten war. Otto Wolff heiratete nicht erneut und adoptierte seinen leiblichen Sohn erst 1935, als dieser 17 Jahre alt war.
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges entwickelte sich das Unternehmen mit Beteiligungen, Vertretungen und Niederlassungen in London, Stockholm, Mailand, Paris und Rio de Janeiro ausgesprochen erfolgreich.
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde Strauss als garnisonsverwendungsfähig eingezogen, Wolff hingegen war nicht kriegsverwendungsfähig. So leitete er das Unternehmen von Köln aus, während Strauss bald ins Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt in Berlin (WUMBA) gelangte, schließlich ins Reichsmarineamt, wobei er die Interessen der Firma nie aus den Augen verlor. Seit November 1914 vertieften sich die geschäftlichen Beziehungen zwischen Wolff und Krupp. Noch während des Ersten Weltkrieges stieg Wolff in das Im- und Exportgeschäft mit den Niederlanden ein und gründete in Amsterdam ein entsprechendes, zukunftsträchtiges Unternehmen (Nedeximpo). Während des Krieges spendeten Wolff und Strauss größere Summen und zeigten sich, wie Eckart Conze resümierte, als „überzeugte ‚Wilhelminer‘“, die es an vaterländischer Gesinnung und Kriegs- und Siegeswillen nicht fehlen ließen.
Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg standen Wolff und Strauss auf Seiten der liberalen Parteien. Wolff favorisierte die Deutsche Volkspartei (DVP), die wirtschaftsfreundliche Partei Gustav Stresemanns (1878-1929, 1923 Reichskanzler, 1923-1929 Außenminister), Strauss trat in die linksliberale Deutsche Demokratische Partei (DDP) ein.
Beide pflegten und erweiterten ihre Beziehungen zu politischen Kreisen. In Köln erhielt Wolff gute Kontakte zu dem seit 1917 amtierenden Oberbürgermeister Konrad Adenauer nahe sowie zu den Bankiers Louis Hagen und Simon Alfred Freiherr von Oppenheim (1864-1932). 1919 lernte er den Bankier Robert Pferdmenges kennen, mit dem ihn bald ein enges Verhältnis verbinden sollte. Strauss und Wolff standen darüber hinaus Matthias Erzberger (1875-1921), Unterzeichner des Waffenstillstandsabkommens von Compiègne und Finanzminister, nahe und wurden von der politischen Rechten verdächtigt, dem Kommerz die nationalen Interessen zu opfern und übermäßigen jüdischen Einfluss zu dulden. Strauss und Wolff blieben seit dieser Zeit wieder und wieder die Zielscheiben offener oder versteckter antisemitischer Hetze. Späterhin war das Unternehmen den Nationalsozialisten stets ein Dorn im Auge und sollte unter staatliche Kontrolle gestellt werden.
Trotz der bisweilen chaotischen Verhältnisse in den ersten Jahren der Weimarer Republik setzte das Unternehmen Otto Wolff seinen Expansionskurs fort. Das Exportgeschäft spielte unmittelbar nach Kriegsende eine derart wichtige Rolle, dass in der Firma Ende 1918 eine zentrale Exportabteilung gegründet wurde. Immer wichtiger wurden die Beziehungen zu den Banken, um die Geschäfte finanzieren zu können. Neben Oppenheim, Hagen und Pferdmenges, der den A. Schaaffhausen’schen Bankverein leitete, verfügte Wolff über gute Verbindungen zu zahlreichen weiteren Kölner und Berliner Bankhäusern.
Bald nach Kriegsende begann das Unternehmen Otto Wolff, größere Aktienpakete jener produzierenden Firmen aufzukaufen, mit denen es teilweise bereits in enger Verbindung stand. Dazu gehörten die Vereinigten Stahlwerke van der Zypen und Wissener Eisenhütte AG, die Rasselsteiner Eisenwerksgesellschaft und die Rheinischen Stahlwerke (Rheinstahl). Im Herbst 1919 kaufte Otto Wolff ein großes Aktienpaket der Phoenix AG für Bergbau und Hüttenbetrieb und ließ im Namen der Nedeximpo weitere Aktien diskret aufkaufen. Mitte November 1919 stellte Otto Wolff dieses Aktienpaket sowie Aktien von Rheinstahl und Defries im Wert von rund fünf Millionen Mark dem Reichsfinanzministerium zur Verfügung. Sie wurden an ein Teilunternehmen der Royal Dutch gegen ein Darlehen von 40 Millionen. Mark bei vier Prozent Zinsen verpfändet. Diese Transaktion ermöglichte dem Reich Öl zu kaufen, denn das niederländische Unternehmen wollte nur gegen entsprechende Sicherheiten liefern. Die Rückzahlung des Darlehens erfolgte fristgerecht bis Ende November 1922.
Aktivitäten in den Niederlanden und die Zusammenarbeit mit dortigen Unternehmern verfolgte Otto Wolff in den folgenden Jahren recht intensiv. Insbesondere pflegte man die Beziehungen zu führenden Bankiers und Unternehmern wie Anthony Georg (Anton) Kröller (1862-1941), Cornelis Johannes Karel van Aalst (1866-1939) und Frederik H. Fentener van Vlissingen (1882-1962). Die beiden Letztgenannten waren die führenden Köpfe der 1917 gegründeten Koninklijke Nederlandse Hoogovens en Staalfabrieken (KNH) bei Ijmuiden an der Nordseeküste, deren größter Aktionär der niederländische Staat war.
Wolff versuchte seit Anfang der 1920er Jahre, die drei großen Eisen- und Stahlunternehmen, an denen er maßgeblich beteiligt war, Phoenix, Rheinstahl und van der Zypen/Wissen, zu einer Fusion zu bewegen, was nicht gelang, auch wenn Hoogovens, die Haniel-Gruppe, größter Aktionär bei Phoenix, und Otto Wolff in einer gemeinsamen Aktion den Generaldirektor von Phoenix, Heinrich Wilhelm Beukenberg (1858-1923), und den Vorstand des Aufsichtsrates, die Bankiers Louis Hagen und Simon Alfred Freiherr von Oppenheim, von ihren Posten verdrängten. Seit dieser Zeit kreuzten sich die Wege von Otto Wolff und Friedrich Flick (1883-1972) häufiger. Die beiden sozialen Aufsteiger gerieten sich immer wieder in die Quere.
In jener Zeit begannen auch die schon damals als „Russengeschäfte“ bezeichneten Geschäftsbeziehungen zwischen der Firma Otto Wolff und der Sowjetunion. Unklar ist, wie die Aufnahme dieser Geschäfte erfolgte. Im April 1921, kurz vor dem Abschluss des deutsch-sowjetischen Handelsabkommens vom 6.5.1921, gab es den ersten Auftrag für Wolff zur Lieferung von Eisenbahnschienen und Lokomotiv-Siederohren. Für die Durchführung dieses Auftrages wurde ein Konsortium unter Führung der Friedr. Krupp AG gegründet. In der Folgezeit lieferte Wolff Röhren, Bleche, Eisenbahnkupplungen und andere Eisen- und Stahlprodukte in die UdSSR. Der Rapallo-Vertrag erleichterte die Geschäftsbeziehungen und führte zu einer Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Wolff war an der im Juli 1926 gegründeten Industriefinanzierungsgesellschaft Ost (IFAGO) beteiligt Zugleich bemühte er sich darum, die Exportgeschäfte durch Beteiligung ausländischer Unternehmer, etwa US-amerikanischer oder französischer Firmen, auszudehnen. Als sich am Ende der 1920er Jahre die deutsch-sowjetischen Beziehungen verschlechterten, kamen auch die wirtschaftlichen Beziehungen weitgehend zum Erliegen. Seine Unabhängigkeit im Denken und Handeln bewies Wolff in der Zeit des „Ruhrkampfes“ 1923. Auch wenn er einerseits der Regierung von Gustav Stresemann nahestand und andererseits durchaus gewisse Sympathien für einen „Rheinlandstaat“ hatte, so suchte er doch einen Ausgleich der Interessen und der Positionen herzustellen. Frankophil orientiert hoffte er, durch seine Gespräche mit der Besatzungsmacht zur Entspannung der Lage beitragen zu können. Dies brachte ihm in bestimmten Kreisen den Ruf eines Vaterlandsverräters und skrupellosen Geschäftsmannes mit einer sozialreaktionären Einstellung ein. Trotz heftiger Widerstände von Seiten der Reichsregierung und anderer Unternehmer im Ruhrgebiet schloss Wolff gemeinsam mit den Vorständen von Phoenix und Rheinstahl ein Abkommen mit der französisch-belgischen Seite über die Wiederaufnahme der Reparationsleistungen und die Zahlung der rückständigen Kohlensteuer. Diesem Abkommen der Wolff-Gruppe folgten zunächst Krupp in Essen und dann die übrigen Unternehmen, die durchaus bessere Konditionen erhielten als Wolff.
Spätestens seit den 1920er Jahren lebte Wolff sowohl in Köln als auch in Berlin und versuchte, gesundheitliche Probleme unter Kontrolle zu bekommen. So nahmen seit der Mitte der 1920er Jahre seine Kur- und Erholungsaufenthalte in Bad Kissingen, im Engadin oder in Karlsbad stetig zu. Trotz seiner gesundheitlichen Probleme reiste er in den Jahren 1935 und 1937 aus – nicht nur – geschäftlichen Interessen nach China, wo er sich im Umfeld des Generals und Führers der nationalchinesischen Bewegung Chiang Kai-Shek (1887-1975) bewegte.
Wolff hatte nur wenige enge Freunde, zu denen unter anderen Oscar Schlitter (1868-1939), Direktor und Vorstandsmitglied der Deutschen Bank in Berlin, gehörte. Privat sammelte Wolff Bücher und seine Bibliotheken in Köln und Berlin umfassten Mitte der 1930er Jahre rund 13.000 Bände. Besonders interessierte Wolff sich für Preußen in der Zeit Friedrichs II. (Regierungszeit 1740-1786), für das Napoleonische Zeitalter und die europäische Revolutionsgeschichte seit dem 18. Jahrhundert. Zum Bestand gehörten auch Autographen, Handschriften, Flugschriften und Pamphlete. Die „Sammlung Otto Wolff“ ging nach Wolffs Tod in den Bestand der Kölner Universitätsbibliothek ein.
Wolff interessierte sich auch für die Wirtschafts-, Finanz- und Geldgeschichte. Mit Hilfe des Historikers Dr. Alfred Ludwig Schmitz schrieb er eine 1932 veröffentlichte Biographie des Großkaufmanns, Bankiers und Börsenspekulanten Gabriel-Julien Ouvrard (1770-1846). Ein weiteres Buchprojekt zur Finanzierung des Dreißigjährigen Krieges konnte Wolff nicht mehr vollenden.
Die Otto-Wolff-Gruppe überstand die Ruhrbesetzung und die Inflationsphase zwar nicht unbeschadet, aber ohne größere Verluste und Einbußen. Im Exportgeschäft liefen die Geschäfte gut, auch wenn sich dies nur mit punktuellen Aufstellungen belegen lässt. Inzwischen war England der wichtigste Abnehmer geworden, vor Rumänien und Serbien (Reparationslieferungen von Eisenbahnmaterial). Die Ausfuhr in die UdSSR spielte in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre kaum noch eine Rolle, dafür rückte allmählich der asiatische und afrikanische Markt in den Blickpunkt des Unternehmens.
Nach der Gründung der Rohstahlgemeinschaft im November 1924 wurden bald die Weichen für weitere einschneidende Änderungen in der deutschen Montanindustrie gestellt. Auf einer Sitzung der Personalkommission der Rheinischen Stahlwerke in Berlin im Sommer 1925 regte Wolff angesichts der schlechten Lage auf dem Stahlmarkt an, die „Stahlerzeugung möglichst aller großen Thomaswerke des Reviers“ in einer Betriebsgemeinschaft zusammenzulegen, wodurch die Erzeugung „ganz wesentlich“ eingeschränkt und somit auch verbilligt würde. Dieser Gedanke wurde sowohl in Kreisen der Stahlerzeugung im Ruhrgebiet als auch von den Banken mit großer Zustimmung aufgegriffen. Bis zur Gründung der „Vereinigten Stahlwerke A.G.“ (VESTAG) dauerte es jedoch noch einige Monate und Krupp zog es trotz einer schlechten Ertragslage vor, selbstständig zu bleiben.
Wolff wandte sich bereits wieder neuen Projekten zu, einer Beteiligung an dem angeschlagenen Unternehmen der Gebr. Stumm in Neunkirchen an der Saar. Dieses Geschäft wurde durch Oscar Schlitter von der Deutschen Bank angeregt. Bei dieser Transaktion trat die Otto Wolff-Gruppe nicht in Erscheinung, da jeder Anschein des Erwerbs französischen Aktienkapitals durch einen deutschen Großindustriellen vermieden werden sollte. Der Stumm-Konzern wurde in der Folgezeit umstrukturiert und in die Rohstahlgemeinschaft und in die Einzelverbände aufgenommen. Wolff baute auf diese Weise seine Position als Händler für Eisen- und Stahlerzeugnisse aller Art auf dem deutschen und internationalen Markt weiter aus und konnte, auch durch die Nähe zur französischen Montanindustrie, eine gewisse Unabhängigkeit vom deutschen Markt erreichen. Insbesondere mit dem Erwerb von Neunkirchen/Homburg und dessen Verbindung mit seinen Siegerländer Unternehmen schuf er sich – zumindest vorübergehend – eine Einflusssphäre, die außerhalb der deutschen Montanindustrie lag.
Allerdings verlor Otto Wolff in jenen Jahren den entscheidenden Machtkampf mit Friedrich Flick um die Kontrolle der VESTAG. Es gelang Flick durch einen geschickten Schachzug, weitgehend die Kontrolle über die VESTAG zu übernehmen. In den folgenden Jahren beteiligten sich Wolff und Strauss an verschiedenen Unternehmungen, um die Position der Firma in Teilbereichen der Metallindustrie zu verbessern, was allerdings nicht gelang. Es spricht für eine gewisse Konzeptlosigkeit bei der Führung der Otto Wolff-Gruppe, dass Wolff sich, wohl auf Zuraten von Oscar Schlitter, im Frühjahr 1927 an dem maroden Flaggschiff der deutschen Filmindustrie, der Universum-Film AG (Ufa) beteiligte. Zwar wurde der Medienunternehmer Alfred Hugenberg (1865-1951), der Inhaber des Scherl-Verlages, zum größten Aktionär, aber Wolff trat, obwohl sein Anteil bescheiden war, in den Aufsichtsrat und den Arbeitsausschuss ein, der das entscheidende Gremium zur Kontrolle des Vorstandes war.
Vor dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Oktober 1929 schien es der Otto Wolff-Gruppe wirtschaftlich gut zu gehen. Das Unternehmen gewährte der Reichsregierung einen kurzfristigen Kredit in Höhe von fünf Millionen Mark. Im Sommer konnte das 25-jährige Firmenjubiläum gefeiert werden. In der Festschrift findet sich auch eine Auflistung der Aufsichtsräte und Firmenverwaltungen, in denen entweder Ottmar Strauss oder Otto Wolff oder beide gemeinsam vertreten waren. Dazu gehörten: Vereinigte Stahlwerke, Phoenix, van der Zypen/Wissen, Mansfeld, Stolberger Zink, Rasselstein, Rheinmetall, Demag, Deutsche Bank, AEG, Daimler-Benz, Ufa, BASF und Mannesmann. Mit wenigen Ausnahmen also bewegte sich das Unternehmen in Kreisen der Eisen-, Stahl- und Metallindustrie.
Die Krise vom Sommer 1931 traf das Unternehmen schwer. Binnen kurzem war es überschuldet und nicht mehr liquide. Es konnte die Jahre 1931/1932 nur deshalb überstehen, weil die Hausbanken, deren wichtigste Sal. Oppenheim und A. Levy & Co. sowie die Deutsche Bank waren, stillhielten und ein Ende der Krise erhofften. Ein Konkurs Wolffs hätte mit einiger Sicherheit zumindest auch zum Zusammenbruch der beiden Kölner Bankhäuser geführt. In diesen Krisenzeiten setzte Wolff wiederum auf die „Russengeschäfte“ und konnte in den Jahren 1932 und 1933 nochmals große Aufträge in der Sowjetunion platzieren.
Aufgrund seiner hohen privaten Verschuldung war Wolffs Teilhaber Ottmar Strauss schon im August 1931 als persönlich haftender Gesellschafter ausgeschieden, er behielt jedoch seine Aufsichtsratsmandate und erhielt eine großzügige Monatsrente. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde dieser Vertrag zweimal zu Ungunsten von Strauss verändert. Er emigrierte schließlich 1936 in die Schweiz. Daraufhin wurden alle seine in Deutschland befindlichen Vermögenswerte im Mai 1938 beschlagnahmt. Wolff spendete, wie so viele andere Unternehmer in jener Zeit, der NSDAP Geld, stand aber der Partei oder ihren Organisationen nicht nahe. Bei den Wahlen zum Reichspräsidenten 1932 unterstützte Wolff die Kandidatur Paul von Hindenburgs (1847-1934) gegen Adolf Hitler (1889-1945) sowohl durch eigene Spenden als auch durch eine entsprechende Sammeltätigkeit. Im Herbst 1932 versammelten sich namhafte deutsche Industrielle in Wolffs Berliner Wohnung, um zu beraten, wie Gelder zur Unterstützung der Regierung von Franz von Papen (1879-1969) aufgebracht werden könnten.
Ende 1932 plädierten Wolff und andere dafür, General Kurt von Schleicher (1882-1934) zum Reichskanzler zu ernennen, der am 1.12.1932 das Amt übernahm. Wolff bejahte offensichtlich auch die politischen Konzeptionen von Schleichers, die auf eine autoritäre Struktur der Republik hinausliefen.
Als aktiver Gegner der NSDAP und der Kanzlerschaft Hitlers geriet Wolff nach der „Machtergreifung“ ins Fadenkreuz der nationalsozialistischen Bewegung, die ihn nun unter Druck setzte. Wolff verlor noch 1933 einige Aufsichtsratsmandate, und man strengte ein Strafverfahren gegen ihn wegen Steuerhinterziehung an, das aber bald im Sande verlief. Das Unternehmen, das kurz vor der Liquidation stand, überlebte nur, weil dies angesichts der hohen Verschuldung nicht nur die kreditierten Banken mit in den Abgrund gezogen, sondern auch massive Auswirkungen auf die gesamte rheinisch-westfälische Industrieregion gehabt hätte. Da, wie es in einem vom Reichswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Gutachten hieß, die Fortführung der Firma ohne die Person Otto Wolff nicht denkbar sei, entschloss sich das Ministerium einen Beauftragten in der Gestalt von Rudolf Siedersleben (1894-1946) als Generalbevollmächtigten, Teilhaber, „Betriebsführer“ und nach dem Tode Wolffs als Chef des Unternehmens, in die Firma zu entsenden. Wolff, der froh sein konnte, den sogenannten Röhm-Putsch unbeschadet überstanden zu haben, blieb nichts anderes übrig, als dies zu akzeptieren.
Wolff verblieb aktiv in der Leitung der Firma und bemühte sich, durch entsprechende Nachfolgeregelungen das Unternehmen in der Hand der Familie zu erhalten. Jedoch war er mittlerweile schwerkrank und verstarb am 22.1.1940 in seiner Berliner Wohnung an einem Herz- und Zuckerleiden und wurde auf dem Kölner Melaten-Friedhof beigesetzt.
Nach ihm ist die Otto-Wolff-Straße in Andernach in der Nähe des Unternehmens „Rasselstein“ benannt. Seit 1998 besteht die Otto Wolff-Stiftung für Wirtschaftsordnung in Köln, die aus dem Zusammenschluss der Rudolf-Siedersleben’schen Otto Wolff-Stiftung und der Otto Wolff von Amerongen-Stiftung hervorgegangen ist. Sie fördert Wissenschaft, Forschung, Bildung, Ausbildung und Erziehung, die Völkerverständigung, deutsche Kultur- und Kunstwerke sowie den Tierschutz. Ein Teil dieser Stiftung ist das Otto-Wolff-Institut für Wirtschaftsordnung, dass sich bei seinen Untersuchungen und Aufgaben auf die Entwicklung ordnungspolitischer Konzepte zur Stabilisierung marktwirtschaftlicher Gesellschaftsordnungen konzentriert.
Die Zeitgenossen fällten ausgesprochen widersprüchliche Urteile und attestierten ihm eine „bourgeoise, primitive Gutmütigkeit“ oder „einen unbedingt überlegenen Verstand“ und eine „hohe, wenn auch einseitige Bildung“. Als Unternehmer war er eher Kaufmann als Industrieller, dem Handel stand er näher als der Produktion. Vielseitig interessiert und hochgebildet, von einer spezifisch rheinischen Mentalität geprägt, die dem „guten“ Leben sinnenfroh zuneigte, war er eine der prägenden Unternehmerfiguren der Weimarer Republik, dabei keineswegs frei von Widersprüchen, aber doch geprägt von einem liberalen Grundverständnis.
Quelle Text: Dahlmann, Dittmar, Otto Wolff, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/otto-wolff/DE-2086/lido/5d0a11427ff2b3.47089066 (abgerufen am 15.10.2023)