Paul Josef Winter (1876 – 1942)

Bierbrauer und Brauereibesitzer

Die Vorgeschichte zur Entstehung der Brauerei findet Ihr unter Friedrich Winter.

Melaten Friedhof – Friedrich Winter (1843 – 1914)

Paul Josef Winter wurde am 16. August 1876 als Sohn von Friedrich Winter und seiner Frau Katharina, geb. Schwarz, geboren. Über die Zeit bis zur Verlobung im Jahr 1900 ist leider nichts bekannt.

Am 08. Dezember 1900 geben der Kaufmann J. Paul Hunzinger und seine Frau Helene (geb. Künster) die Verlobung ihrer Tochter Gerda mit Paul Josef Winter bekannt. Die Verehelichung erfolgte am 10. Mai 1902, zumindest wurde sie an dem Tag bekannt gegeben.

Bereits im Juni 1906 erhält Paul Josef Winter Prokura für das Brauhaus seines Vaters Friedrich Winter. Im Januar 1913 wird aus dem Prokuristen der neue Inhaber des Brauhauses und den Herren Josef Hermanns und Jean Büttgen wird Prokura erteilt.

Nach dem Tod von Friedrich Winter im Jahr 1914 übernahm Paul Josef Winter die Brauerei.

Im Jahr 1920 fand in der Brauerei ein aus heutiger Sicht kultureller Höhepunkt statt, der damals allerdings sehr umstritten war. Im Hinterhof der Brauerei fand das dadaistische Highlight Kölns statt. Die zuvor aus dem Kunstgewerbemuseum ausgeschlossenen Max Ernst und J. Th. Baargeld präsentieren ihre Objekte unter dem Motto „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ (später anders weitergeführt von der Band „Ton, Steine, Scherben“). Man stellte Skulpturen aus und legte einen Hammer daneben: Wenn euch das nicht gefällt, zerschlagt sie – wir liefern morgen neu! Es gab einen entsprechenden Skandal und die nur über die Herrentoilette zu erreichende Ausstellung wurde vorübergehend polizeilich geschlossen.

 

Lambert Macherey, einer der führenden Chronisten des Brauwesens Kölns, stellt die Brauerei Winter im Jahr 1921 wie folgt dar:

Das Brauhaus Friedrich Winter in Köln-Lindenthal (Jetziger Inhaber: Paul Jos. Winter) hat sich im Laufe weniger Jahrzehnte aus einer Kölner Heimbrauerei zu einer der leistungsfähigsten Großbrauereien Westdeutschlands entwickelt. Der Gründer Friedrich Winter übernahm zunächst 1874 das Ursulabräu (Jetzt “Birrebäumche”) und kaufte 1877 das Stammhaus Winter an der Schildergasse. Im gleichen Jahre erwarb er in Köln-Lindenthal große Lagerkeller in der Classen-Kappelmann-Straße, wo er dann 1887 eine jetzt mit allen neuzeitlichen Einrichtungen versehene Großbrauerei erbaute, die wiederholt Vergrößerungen und Erweiterungen erfuhr. Der Ruf ihrer Biere sicherte ihr einen überaus starken Absatz. Nach dem Tode des Gründers 1913 übernahm der älteste Sohn Paul Josef Winter den Brauereibetrieb, der unter seiner tatkräftigen Leitung einen weiteren Aufschwung erlebte.

 

Im August 1925, anlässlich des 50zig-jährigen Bestehens der Brauerei, gab es in der Brauerei Winter folgende Bekanntmachung:

An die Belegschaft des Brauhauses Friedrich Winter, Köln.

Das Brauhaus Friedrich Winter blickte am 1. Januar 1925 auf sein fünfzigjähriges Bestehen zurück. Leider muss ich es mir versagen, in Zeiten, die mit ihrer schweren Erfüllungspolitik und angespanntestem wirtschaftlichen Kampfe auf jeder deutschen Industrie lasten, zu frohem Jubelfeste zu laden, zumal dies auch dem Sinne des verstorbenen Gründers, der in schlichter Einfachheit sein Werk aufbaute, widerspräche. Zu seinem Andenken und im Einvernehmen mit seiner Gattin, die das seltene Fest des goldenen Geschäftsjubiläums noch erleben darf, habe ich jedoch eine Stiftung unter dem Namen “Friedrich- und Katharina- Winter-Stiftung” errichtet. – Dieselbe soll denjenigen Angestellten und Arbeitern zugutekommen, welche in ununterbrochener fünfundzwanzigjähriger Tätigkeit ihre Arbeitskraft dem Brauhaus Friedrich Winter gewidmet, nicht gegen die Interessen des Werkes verstoßen haben, infolge Alters oder Krankheit nicht mehr erwerbsfähig sind und kein Vermögen besitzen, dessen Einkünfte höher sind als die durch die Genussberechtigung der Stiftung vorgesehenen. Ebenso soll für den Fall des Ablebens eines Genussberechtigten dessen Witwe, falls der Altersunterschied der Eheleute nicht über 15 Jahre beträgt, in die Hälfte der Genussberechtigung ihres verstorbenen Mannes eintreten. Die Stiftung erlangt Kraft nach ministerieller Genehmigung. Alsdann werden die Satzungen jedem Betriebsangehörigen ausgehändigt werden.

Köln-Lindenthal, im August 1925, gez. PAUL J. WINTER

 

Der nachfolgende Artikel unbekannter Herkunft, vermutlich ebenfalls zum 50zig-jährigen Bestehens der Brauerei erstellt, singt folgendes Loblied über die Brauerei:

Seine fortschreitende Entwicklung in den fünfzig Jahren des Bestehens läuft parallel mit dem allgemeinen Aufstieg der Stadt Köln. Aus kleinen Anfängen entstanden, umfassen die Winterschen Brauereianlagen, die in technischer Beziehung auf das modernste ausgestattet, auf der Höhe der Zeit stehen, heute eine an der Classen – Kappelmann- und Bachemer Straße gelegene Grundfläche von 20 000 qm. Lange Zeit war der Ruf der von den Kölner Brauereien produzierten Biere nicht der Beste; dem einheimischen, viel gebrauten obergärigen Bier konnten viele, namentlich Fremde, durchaus keinen Geschmack abgewinnen. Dass hierin Wandel geschaffen wurde, ist nicht zum letzten das Verdienst des Brauhauses Friedrich Winter, das sich seit Jahrzehnten die Herstellung hochwertiger untergäriger Exportbiere angelegen sein lässt. “Winter-Pilsener” und “Winter-Münchener” haben nicht nur den Namen jener berühmten Biersorten übernommen; beide erreichen vollauf anerkanntermaßen die Güte der Pilsener und Münchener Vorbilder vollkommen und sie erwerben sich zusammen mit dem “Winter-Export” immer mehr Freunde, wie der stetig steigende Ausstoß zeigt. Längst sind die Winterschen Biere in ihrem Absatz nicht mehr an die Vaterstadt und deren nächster Umgebung beschränkt, von Jahr zu Jahr erweitert sich das Absatzgebiet, und wenn Köln sich heute zu einem Produktionszentrum der Brauindustrie von einem Rufe wie etwa Dortmund zu entwickeln beginnt, so ist das nicht zuletzt der Güte der Winterschen Biere zuzuschreiben. Es zeugt für die Festigkeit der wirtschaftlichen Grundlage und für die Beweglichkeit der Leitung auch in den letzten, gerade für die Brauindustrie so schweren Jahren, dass das Brauhaus Friedrich Winter sich ungeschmälert seine volle Selbstständigkeit in einer Zeit bewahren konnte, in der die großen Braukonzerne im Streben nach “horizontaler Ausdehnung” eine Privatbrauerei nach der anderen an sich zogen und in sich aufnahmen. Heute ist das Brauhaus Friedrich Winter die größte der noch im privaten Alleinbesitz befindlichen Brauereien des Rheinlandes.

Zwei Aspekte des Artikels sind besonders interessant. Im ersten geht es um die Qualität des obergärigen Kölner Bieres, also dem Kölsch: „… Lange Zeit war der Ruf der von den Kölner Brauereien produzierten Biere nicht der beste; dem einheimischen, viel gebrauten obergärigen Bier konnten viele, namentlich Fremde, durchaus keinen Geschmack abgewinnen …“. Das damalige Kölsch, welches mit dem heutigen nur noch den Namen gemein hat, hatte also keinen guten Ruf. Das nicht nur bei Auswärtigen, auch bei den Kölnern selber. Der Anteil des Kölsch an in Köln konsumierten Bier sank kontinuierlich bis auf den Tiefststand von ca. 5% kurz vor dem zweiten Weltkrieg.

Der zweite Aspekt beleuchtet eine Politik der Marktkonzentration durch Übernahme und Schließung von Konkurrenten: „… seine volle Selbstständigkeit in einer Zeit bewahren konnte, in der die großen Braukonzerne im Streben nach “horizontaler Ausdehnung” eine Privatbrauerei nach der anderen an sich zogen und in sich aufnahmen …“. Der Mechanismus, dem die meisten Kölner Brauereien in den 1980er bis 2000er Jahren zum Opfer gefallen sind, ist also nicht neu.

 

Der folgende Artikel aus dem Jahr 1929 singt ein weiteres Loblied auf die Brauerei:

Das Brauhaus Friedrich Winter in Köln-Lindenthal, Classen-Kappelmann-Straße 26-28, ist gegründet worden von Friedrich Winter, der zunächst 1874 das Ursulabräu (jetzt Birrebäumche) übernahm und 1877 das Stammhaus Winter in der Schildergasse kaufte. Im selben Jahre erwarb er in Köln-Lindenthal große Lagerkeller in der Classen-Kappelmann-Straße, wo er dann 1887 eine jetzt mit neuzeitlichen Einrichtungen versehene Großbrauerei erbaute, die wiederholt Vergrößerungen und Erneuerungen erfuhr. Nach dem Tode des Gründers 1913 übernahm der älteste Sohn Paul Joseph Winter den Braueibetrieb, der unter seiner Leitung einen weiteren Aufschwung nahm. Ein Musterbetrieb ersten Ranges.

Am 8. Februar 1930 erwarb Paul Josef Winter auf einer Zwangsversteigerung die „Obergärige Bierbrauerei Franz Dünwald Richmodisbräu”, Ecke Herzogstraße 18 / Perlenpfuhl. Ab 1934 (nach 4 Jahren Stillstand) wurde der Braubetrieb in der ehemaligen Thurmbrauerei wieder aufgenommen und die Brauerei wurde fortan als zweite Braustätte unter dem Namen “Richmodis-Bräu Friedr. Winter” betrieben”. Produziert wurden in dieser Braustätte fast ausschließlich obergärige Biere.

Ende der 1930er Jahre florierte das Unternehmen weiter. Zu dieser Zeit war das Brauhaus Winter die größte Brauerei in Köln. Dies belegen auch die folgenden Zahlen: die Brauerei beschäftigte 125 Mitarbeiter und besaß einen Fuhrpark von 20 Lastkraftwagen, 5 Gespanne und 7 Pferden. Ausgestattet war die Brauerei mit 5 Eismaschinen, 3 Dampfmaschinen und einer „elektrischen Zentrale“. Niederlassungen wurden in Aachen, Eschweiler, Stolberg, Lommersum, Zülpich und Troisdorf betrieben.

 

Am Sonntag dem 5. Juli 1942, morgens um 2:30 Uhr verschied im Alter von 66 Jahren an den Folgen einer schweren Lungenentzündung, versehen mit den Sterbesakramenten, mein geliebter Mann, unser guter Vater, Großvater, Schwiegersohn, Schwiegervater, Schwager, Vetter und Onkel Herr Senator Paul Josef Winter.

Mit den Angehörigen trauert um den hochverehrten Chef, die Gefolgschaft des Brauhauses Friedrich Winter. Gemäß dem Erbvertrag vom 2. Januar 1932 ist seine Witwe Gerda, geb. Hunzinger, nunmehr Geschäftsinhaberin.

 

Gerda Winter ist aber keine „Unbekannte“ in der Geschäftswelt, im September eröffnete sie als Vorsitzende des Lindenthaler Wohltätigkeitsverein einen Kinderhort für etwa 80 Kinder. Der Kinderhort wurde aus Spenden der Lindenthaler Damen finanziert.

 

Im zweiten Weltkrieg wurde sowohl das ursprüngliche Brauhaus in der Schildergasse 37 als auch die Brauerei völlig zerstört. Beide Braustätten wurden nicht wieder aufgebaut, gebraut wurde ab diesem Zeitpunkt ausschließlich im Richmodisbräu in der Herzogstraße. In Grevens Adressbuch aus dem Jahr 1950 steht zu lesen „… Brauhaus Fried. Winter, Lindenthal, Classen-Kappelmann-Str. 26-28. Brauerei: Herzogstr. 18“.

Vermutlich 1954 wurde das erste Mal ein obergäriges Bier „Richmodis Kölsch“ genannt. Um das Jahr 1959 stellte das Brauhaus Winter folgende Biere her: Wappen-Pilsner, Winter Privat, Benediktus Bock und Richmodis Kölsch. Ab Mitte der 1970er Jahre wurde vermutlich nur noch Richmodis Kölsch produziert.

Im Jahr 1968 wurde die Brauerei dann an die Königsbacher Brauerei aus Koblenz verkauft, die dann im Jahr 1992 selbst von der Karlsberg-Brauerei übernommen wurde. Gleichzeitig wurde die noch existierende zweite Firmierung „Brauhaus Friedrich Winter“ aufgelöst.

 

Quelle Text (teilweise): mit freundlicher Genehmigung von Michael Berger in koelsch-net.de

Wer mehr über Kölsch erfahren möchte, sollte sich die Seite mal anschauen.

 

Unternehmensgeschichte alter Kölner Brauereien

Abgerufen am 29.03.2023

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