Heinrich Reissdorf (1844 – 1901)

Schneidermeister und Brauereibesitzer

Die Familie von Heinrich Reissdorf war in Zieverich bei Paffendorf, heute Großgemeinde Bergheim, als Schmiede und Wagenbauer ansässig. Der älteste Sohn übernahm die Schmiede. Er selbst, als zweiter Sohn kam, wie viele andere auch, über seine Militärzeit nach Köln. Er hatte das Schneiderhandwerk erlernt und die Meisterprüfung abgelegt. Er heiratete Gertrud Cremer, Tochter eines bekannten Kölner Herrenschneiders.

Nachdem er seine zwölfjährige Militärzeit absolviert hatte, ließ er sich in der Garnison- und Festungsstadt Köln als Uniformschneider nieder. Viele der damals in Köln lebenden preußischen Offiziere zählten zu seiner Kundschaft. In diesem Metier und dank seines ausgezeichneten Rufes brachte er es mit den Jahren zu Ansehen und Wohlstand. Als Fünfzigjähriger gründete er am 4.9.1894 auf dem inzwischen erworbenen Grundstück Severinstraße 51, an St. Magdalenen 28, die OBERGÄRIGE BRAUEREI HEINRICH REISSDORF, Köln. Unter der Bezeichnung HRA 423/1 wurde der Betrieb als Einzelhandelsunternehmen ins Kölner Handelsregister eingetragen. Gemeinsam mit seiner Frau Gertrud Reissdorf geb. Cremer leistete er die Aufbauarbeit der Brauerei HEINRICH REISSDORF. Er starb am 25.2.1901 in Köln. Nach seinem Tode führte Gertrud Reissdorf die Brauerei als Alleininhaberin bis zum Jahre 1908. Sie verstarb am 20.6.1908 in Köln. Der Fortbestand des Unternehmens war jedoch gesichert, denn das Ehepaar Reissdorf hatte fünf Söhne, Johann Hubert (geb.1874), Heinrich (geb. 1876), Hermann (geb. 1878), Friedrich (geb. 1880) und Carl Reissdorf (geb. 1883).

Alle waren in Köln geboren, doch ihre späteren Schicksale ließen sie ganz verschiedene Wege gehen. Johann Hubert verstarb 1949 in Philadelphia/USA, Hermann wurde 1915 im 1.Weltkrieg in Tahure in Frankreich vermißt und Carl kam beim letzten Bombenangriff auf Köln am 2.3.1945 ums Leben. Heinrich Reissdorf, der lange Jahre in der Brauerei tätig war, starb 1952 auf einer Reise in Heidelberg, wurde aber in Köln beerdigt. Friedrich Reissdorf starb nach einem langen, arbeitsamen Leben 1953 in seiner Vaterstadt Köln. Der älteste Sohn Heinrich Reissdorfs, Johann Hubert schied aus der Firma aus, er emigrierte um 1900 in die USA. Die anderen Söhne Heinrich, Hermann, Friedrich und Carl Reissdorf wandelten 1908 die Firma in eine OHG um.

Privat-Brauerei Heinrich Reissdorf

Geschichte

Am 4. September 1894 gründete der Uniformschneider Heinrich Reissdorf die Obergärige Brauerei Heinrich Reissdorf. Nach dem Tod des Gründers 1901 übernahm seine Ehefrau Gertrud die alleinige Geschäftsführung, die sie 1908 an ihre Söhne übergab. Vor dem Ersten Weltkrieg betrug der Jahresausstoß 15.000 Hektoliter. Nach dem Krieg musste die Brauerei von Dampfkesseln auf den Betrieb mit Elektrizität umstellen, da infolge der Ruhrbesetzung durch Frankreich kaum Steinkohle als Energieträger zur Verfügung stand. Die Bezeichnung Obergärig im Firmennamen entfiel 1923, als die Produktpalette um Pils, Märzen und Export erweitert wurde. 1936 führte Reissdorf als erste Brauerei die Flaschenabfüllung von Kölsch ein.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Brauhaus zu 90 % zerstört, doch bereits am 15. Juli 1945 konnte bei Reissdorf ein Schankbier mit 6 % Stammwürze gebraut werden. In der britischen Besatzungszone war die Herstellung von Vollbier in den Nachkriegsjahren nicht erlaubt. Ab dem 12. August 1949 wurde wieder Vollbier mit einer Stammwürze von 12 % als Pils, Export und Kölsch produziert.

Mit der gezielten Marketingkampagne „Echt Kölsch“ der Kölner Brauer zu Beginn des Wirtschaftswunders entwickelte sich Kölsch zum beliebtesten Bier im Großraum Köln, sodass Reissdorf sich auf die Kölsch-Produktion konzentrierte. Einige Kölner Brauer warteten zunächst die Entwicklung des Kölsch-Booms ab und ließen ihr Kölsch im Lohnbrau bei Reissdorf produzieren. Im März 1986 unterzeichnete Reissdorf zusammen mit den 23 anderen im Kölner Brauereiverband organisierten Unternehmen die Kölsch-Konvention und war somit weiterhin berechtigt, Kölsch herzustellen.

Da die alte Brauerei im Severinsviertel nicht mehr erweiterungsfähig war, wurden die Produktion und die Abfüllung von 1998 bis 2002 sukzessive nach Rodenkirchen verlegt. Die einstige Produktionsstätte, ein vierstöckiges Gebäude mit mehreren Kellerebenen, wurde vollständig abgerissen. Auch die damals angegliederte Braustube an der Ecke Severinstraße/An St. Magdalenen existiert heute nicht mehr. Ein neues Brauhaus wurde am alten Standort im Severinsviertel (Severinstraße 51) errichtet und am 2. Juni 2009 unter dem Namen Zum alten Brauhaus eröffnet.

Die geographischen Gegebenheiten des neuen Standortes erforderten technische Besonderheiten. Durch die Nähe zum Industriestandort Wesseling ist das Grundwasser der ersten Ebene qualitativ nicht zum Bierbrauen geeignet, deshalb wurde ein 80 Meter tiefer Brunnen zur zweiten Grundwasserebene gebohrt. Durch eine umfangreiche Aufbereitung ohne chemische Zusätze erreicht das Wasser Trinkwasserqualität. Da der Stadtteil Rodenkirchen nicht an das Großklärwerk Köln-Stammheim angeschlossen ist, werden die Abwässer in das kleinere Klärwerk Wesseling abgeleitet, das Kapazitätsprobleme hat. Deshalb darf die Brauerei stündlich nur eine begrenzte Menge Abwasser ableiten.

Für die Herstellung von 1 Hektoliter Bier werden im Normalfall circa 7 Hektoliter Wasser benötigt. Das Brauchwasser wird bei Reissdorf einem Kreislauf zugeführt und mehrfach verwendet, dadurch konnte die Abwassermenge deutlich reduziert werden. Der beim Brauprozess anfallende Treber wird an landwirtschaftliche Betriebe abgegeben, deshalb muss sich das Unternehmen regelmäßig nach ISO 9001 als Futtermittelhersteller zertifizieren lassen.

Neben Reissdorf-Kölsch (4,8 % Vol. und 11,8° Stammwürze) wird in der Brauerei seit Januar 2010 Reissdorf Alkoholfrei (weniger als 0,5 % Vol.) produziert. Da der Brauprozess bei diesem Produkt vor der Gärung abgebrochen wird, darf dieses Getränk nach der Kölsch-Konvention nicht Kölsch benannt werden. Die Produktion von anderen Biersorten wurde in der Vergangenheit eingestellt. Reissdorf-Kölsch wird in 0,33 l und 0,5 l Longneck-Flaschen abgefüllt. In der Abfüllung können bis zu 100.000 Flaschen je Stunde befüllt werden. Seit 1992 benutzt Reissdorf für Fassbier ausschließlich Keg-Fässer in den Größen 10, 20, 30 und 50 l. Es werden auch 5 Liter-Dosen und 0,5 l-Dosen befüllt.

Die Bierproduktion lag im Jahre 2011 bei 635.000 Hektolitern, der Flaschenbieranteil lag bei 80 %. Das Absatzgebiet von Reissdorf-Kölsch ist nach Brauereiangaben auf 100 km um den Fabrikschornstein beschränkt.

 

Quellen Text: https://www.koelner-brauerei-verband.de/historie/geschichte-der-traditionsbrauereien/historie-privat-brauerei-heinrich-reissdorf-gmbh-co-kg-reissdorf-koelsch.html

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