Rolf Jacobi (1930 – 2011)

Mitinhaber Modehaus Jacobi und Sammler von mechanischen Musikinstrumenten  

Ein Leben für die schönsten Nebensachen der Welt

Der Sammler von mechanischen Musikinstrumenten Rolf Jacobi ist gestorben.

 „Natürlich ist es das Kind im Manne, welches mich bewogen hat, die Sammlerkultur zu pflegen.“ Mit diesen bescheidenen Worten freilich wird sein Sprecher, der im Januar dieses Jahres verstorbene Geschäftsmann und Sammler Rolf Jacobi, weder seinem inneren Antrieb noch dem Gegenstand seines lebenslangen Bemühens gerecht, war er doch als Kaufmann erfolgreich und gleichzeitig als Sammler – fast möchte man sagen – einfach genial. Um auf beiden Aufgabenfeldern Derartiges zu leisten, bedurfte es ungewöhnlicher Eigenschaften und Talente.

Dabei weiß man nicht so recht, welche seiner beiden Passionen die dominantere war: sein Leben als Kaufmann und Mitinhaber des Modehauses Jacobi an der Hohe Straße oder letztlich doch die Leidenschaft für Musikautomaten, Spieluhren, Glockenspiele und Puppen mit Spielwerk, kurz für alles, was sich bewegt, akustisch bemerkbar macht und schön anzusehen ist.

 

Schwieriger Beginn

Sein bemerkenswertes Leben stand zunächst unter keinem guten Stern. Wenige Jahre nach der Geburt in Hamburg zog Rolf Jacobi mit Vater und Mutter sowie Bruder Günther nach Braunsfeld in die Hermann Pflaume-Straße. Sein Vater hatte das Modehaus übernommen, ist aber 1942 gefallen; das Geschäft wurde zerbombt. Rolf Jacobi besuchte das Hansa-Gymnasium und lernte bei Horten in Duisburg Einzelhandelskaufmann. Danach lockte ihn das Ausland und er verbrachte je ein Jahr in Argentinien und USA mit Tätigkeiten in Handel, Handwerk und Farmwirtschaft.

1956 schließlich, nach Beschäftigungen in Bielefeld und Essen, trat Jacobi als geschäftsführender Gesellschafter in das elterliche Unternehmen ein, das er mit Mutter und Bruder wieder aufbaute. Gleichzeitig kümmerte er sich in leitenden Positionen um Belange seines Berufsstandes. Die Heirat 1965 mit der Schweizerin Heidi Goetz und die Geburt des Sohnes Hans-Peter ein Jahr später waren wichtige Ereignisse, die das Leben Rolf Jacobis maßgeblich bestimmten.

Anfang der siebziger Jahre zog die kleine Familie in das geräumige Haus in der Linnicher Straße, das auch genügend Platz bot für die Antiquitätensammlung. Nach der Herrichtung des Anwesens, die etliche Jahre beansprucht hat, setzten die Aktivitäten des Ehepaars erst richtig ein.

 

Modehaus Jacobi

1893 war es in der Schildergasse, Ecke Perlengässchen, eröffnet worden. Schon ein Jahr darauf folgte die Eröffnung der Firma „Michel & Cie.“ an der heutigen Stelle, denn die Familie Michel prägte bis in die 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein die Geschicke des Kaufhauses, das mit Größe und Preisbewusstsein trumpfte.

Doch so „groß“ war das Geschäft am Anfang gar nicht. Erst 1913 entstand ein Neubau mit 5000 Quadratmetern. 1934 stieg Paul Jacobi als Freund der Familie Michel ins Geschäft ein. 1937 wurde Jacobi zum Firmennamen, ab 1939 stand er auch an der Fassade. Dr. Georg Jacobi, Enkel von Paul, stieg 1990 in das Unternehmen ein. Inzwischen führt der Volkswirt das Unternehmen alleine.

Über Jahre hatte das Unternehmen immer wieder zurückgesteckt: Die 1995 in Weiden eröffnete Filiale wurde 2007 geschlossen. Kindermode – einst ein Kundenmagnet – gab es von 2008 an nicht mehr. Das 1957 eröffnete Restaurant schloss 2011. 2013 feierte das Unternehmen 120-jähriges Bestehen.

In der Branche war Jacobi deutschlandweit eine Institution. Er legte Wert auf Service und intensive Kundenbetreuung – wie der Modehändler Franz Sauer, der sein Traditionsunternehmen zum Jahresende mangels Betriebsnachfolger schließen musste. Vor allem Damenmode und Wäsche hatte Jacobi zuletzt auf den 6300 Quadratmetern Verkaufsfläche in 1A-Einzelhandelslage angeboten. Viele Marken aus dem Sortiment gab es aber auch in der Nachbarschaft und im Internet. Von der Eigenmarke „Maria Jacobi“ alleine war das Haus nicht zu halten. Im April 2017 schloss das Unternehmen Jacobi für immer seine Türen.  Jacobi begründete die Schließung vor allem mit dem „digitalen Wandel“ und einem „starken Preiswettbewerb im stationären Handel“. Die „Kundenfrequenz für qualitativ hochwertige Mode“ in der Innenstadt lasse weiter nach. Dies sei ein weiterer Grund, warum das Unternehmen nicht fortgeführt werde.

 

Leidenschaft des Sammelns

Wie aber sieht das Geschäft des Sammelns konkret aus, lautete unsere Frage. „Mittlerweile hatten die Jacobis einen Namen in der Fachwelt und wir erhielten Angebote von überall her, aus ganz Deutschland, aber auch aus der Schweiz und anderen Ländern“, so die Antwort. Dennoch kamen die kleinen und vor allem die großen Schätzchen und Raritäten nicht einfach so ins Haus. Oft mussten Reisen unternommen werden, nicht selten machte man bei einer Geschäfts- oder Urlaubsreise einen Abstecher.

Mit den Jahren kam so das faszinierende Ensemble zusammen, das an die 250 große und größere Objekte umfasst sowie eine unüberschaubare Anzahl kleiner und kleinster Kostbarkeiten – ein Sammelsurium im allerbesten Wortsinn. Da sind zum Beispiel die tanzenden Puppen im Biedermeier Look, restauriert im Victoria and Albert Museum in London, der münzbetriebene „Fidelio“-Spielschrank als Gaststättengerät, ein Nähkästchen mit Walzenspielwerk, um 1850, dann der Mercedes unter den Drehorgeln von G.BACIGALUPO, gefertigt von dem früh zugewanderten „Gastarbeiter“ in der Schönhauser Allee 79 BERLIN.N (Hersteller Logo) sowie das bezaubernde Musiker-Ensemble aus der Manufaktur Hoechst, um 1890.

In einer eigenen Groß-Abteilung finden sich diverse monumentale Objekte, angeführt von sehr attraktiven Stücken wie dem des Kinderkarussells (original und inklusive Spielwerk natürlich) bis hin zu elektrischen Klavieren, darunter ein Prachtexemplar der Firma Steinway&Sons mit Welte-Nuancierungs-Apparat, ein ganz besonderes Sammelstück, von Jacobi vom Studio Basel erworben. Und alles singt, klingt, macht Musik, ist farbenfroh und schmeichelt Augen und Ohren. Herz, was begehrst du mehr? Nun, genannt werden müssen noch die Hunderte feinst bebilderter Grammophon-Nadeldosen, die Musikträger in Form von Platten und Lochstreifen, aber auch die umfangreiche Fachbibliothek.

 

Selbstspielende Geigen?

Keinesfalls unerwähnt bleiben dürfen indes auch die „Selbstspielenden Geigen“, das 260x150x70 Zentimeter messende Highlight der Sammlung, bei dem drei im Halbkreis angeordnete, aufrechtstehende echte Violinen von einem Rosshaarbogen bespielt werden, der um die Instrumente rotiert. Am Beispiel dieser Attraktion kann auch die manchmal recht prosaische Arbeit des Sammelns verdeutlicht werden.

Der Tipp kam seinerzeit von der Frau des Chefrestaurators Winnen am Stadtmuseum: In einem Gasthof bei Montabaur stehe ein Instrument, zur Zeit seiner Erbauung am Beginn des 20. Jahrhunderts gepriesen als achtes Weltwunder. Der Wirt brauchte Platz in der Gaststube und Geld, weil er heiraten wollte und so wurde man handelseinig – zu einem Preis, den die Sekretärin mit „Herr Jacobi, Sie ruinieren sich“ kommentierte. Damit war das gute Stück aber noch längst nicht in der Linnicher Straße. Ein Antiquitätenschreiner musste es erst aufwändig demontieren, um von der Spedition nach Köln transportiert zu werden.

 

Eine Seelenverwandtschaft

Rolf Jacobi ist „ein Mann der ersten Stunde, was das Sammeln von mechanischen Musikinstrumenten angeht“. Mit diesen Worten ehrt ihn der Diplom-Ingenieur Rainer Scharl, den der Sammler seinerseits einen „seelenverwandten Freund“ nannte. Beide hatten sich schon vor Jahrzehnten auf einer Ausstellung in Krefeld kennengelernt und seither waren sie unzertrennlich. Scharl wurde zum engen, unverzichtbaren Berater und Mitarbeiter.

Der Freund war es auch, der die Idee hatte, die Sammlung so zu präsentieren, dass sie als Privatmuseum gezeigt werden konnte. Heidi Jacobi ist des Lobes voll: „Rainer Scharl kennt jedes technische Detail.“ Folgerichtig übernahm der auch die Museumsführungen und macht sie bis zum heutigen Tag. Auch er steht für die Einschätzung, dass der Sammler es verstand, sich mit den richtigen, zu ihm passenden Menschen zu umgeben.

 

Engagement und Menschenkenntnis

Heidi Jacobi betont, wie unermüdlich tätig ihr Mann war. Dabei blieben für die Liebhaberei während der Berufsjahre nur die Abende und die Wochenenden. Zum Fleiß kamen Ehrgeiz, Zielstrebigkeit sowie ein sehr gutes technisches Verständnis. Alle, die ihn kannten, bezeichnen ihn als „Menschenversteher“, was es ihm ermöglichte, sich mit den richtigen Menschen zu umgeben. Dazu gehörten wohl vor allem seine Frau Heidi und der Freund Rainer Scharl.

Vor zehn Jahren schon, 2001, war Jacobi aus dem Modehaus ausgeschieden. Natürlich blieb er nicht untätig, im Gegenteil. Anlässlich des 75. Geburtstags hatte Rainer Scharl einmal aufgelistet, wie der Alltag des Pensionärs immer noch aussah: „Viele Projekte halten das Geburtstagskind wie eh und je auf Trab. Eine Sonderausstellung mit Stichen in Waldkirch ist abzubauen, ein Orgelwagen für die 42ger Bagigalupo-Noten Bandorgel soll her, eine Spieldose mit 184 Stahlkämmen soll in der französischen Schweiz repariert werden, ein Bremsenschaden am Kirmesorgelanhänger muss beseitigt werden, nebenbei ist die Restaurierung eines achtzehn mal vier Meter großen Rückwandbildes einer Schiffsschaukel zu überwachen und das Geburtstagsgeschenk seiner Frau Heidi, ein Mutoscope, ist in die Sammlung der optischen Geräte zu integrieren.“ Wie man sieht, war Rolf Jacobi trotz Krankheit bis zuletzt aktiv und hatte viele Pläne.

Dem Bürgerverein Köln-Müngersdorf fühlte sich der Verstorbene – wie auch seine Frau Heidi – verbunden. Natürlich war er Mitglied bei uns; etliche Veranstaltungen hat er persönlich mit der Musik seiner Drehorgeln untermalt. Der Vorstand des Bürgervereins hat Heidi Jacobi, der wir auch zu Dank verpflichtet sind, inzwischen die Ehrenmitgliedschaft angeboten.

Rolf Jacobi ist am 18. Januar 2011 achtzigjährig an einer nicht geklärten Komplikation in der Universitätsklinik Köln ganz unerwartet verstorben. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren. Die Privatsammlung wird weiterhin zu besichtigen sein in der Linnicher Straße 54a jeden letzten Sonntag im Monat um 11.00 Uhr und um 15.00 Uhr.

Weitere Informationen unter www.sammlung-jacobi.de

Quelle Text: Kurt Schlechtriemen, https://www.buergerverein-koeln-muengersdorf.de/menschen-in-m%C3%BCngersdorf/r-jacobi/

Ausschnitte aus der Kölnische Rundschau vom 19.02.2017, abgerufen unter https://www.rundschau-online.de/koeln/koeln-jacobi-schliesst-ende-april-sein-modehaus-118357

Abgerufen am 28.05.2025

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