Teilhaber Auktionshaus Lempertz
Die Geschichte des Hauses Lempertz begann Anfang des 19. Jahrhunderts: Johann Matthias Heberle (1775–1840) eröffnete 1802 in Köln eine Druckerei, die wenig später um ein „Antiquargeschäft mit Auktionsanstalt“ ergänzt wurde. 1811 fand die erste Auktion der Firma J. M. Heberle statt. Nach dem Tod des Firmengründers 1840 übernahm dessen 24-jähriger Mitarbeiter Heinrich Lempertz (1816–1898) das Unternehmen, das fortan „J. M. Heberle (H. Lempertz)“ hieß.
Mathias Lempertz (1821–1886), der Bruder von Heinrich Lempertz, eröffnete 1845 als Filiale des Kölner Unternehmens die „Buch- und Kunsthandlung Heberle-Lempertz“ in der Fürstenstraße 2 in Bonn, dem Haus, in dem 19 Jahre zuvor Schillers Witwe Charlotte von Lengefeld gestorben war. Bereits im gleichen Jahr fand am 1. Dezember die erste öffentliche Versteigerung der nachgelassenen Bibliothek August Wilhelm Schlegels statt. 1854 wurde die Bonner Filiale zur eigenständigen Firma im Besitz von Mathias Lempertz.
1875 kaufte Peter Hanstein (1853–1925) die Firma und zahlte für den Namen Math. Lempertz, Buchhandlung und Antiquariat 20.000 Goldmark. Drei Jahre später gründete er den Peter Hanstein Verlag, der sich vor allem auf Geschichte, Philosophie und Theologie konzentrierte. 1888 bezog die Buchhandlung neue Geschäftsräume im Hof 40, später in der Franziskanerstraße 6 in Bonn. Daneben wurden immer mehr Gemälde alter Meister und Kunstgewerbe versteigert und hierzu 1902 in Köln eine Filiale eröffnet, die zunächst am Domhof 6 im Haus des Erzbischöflichen Diözesan-Museums ihren Sitz hatte. 1908 begann Lempertz als erstes europäisches Auktionshaus die Versteigerung ostasiatischer Kunst.
1918 erwarb die Firma Math. Lempertz das klassizistische Haus Fastenrat am Neumarkt 3, Ecke Cäcilienstraße 48, aus dem Nachlass von Johannes Fastenrath. Sie richtete hier ihren Hauptgeschäftssitz ein und versteigerte dort im Juni 1918 auch die Kunstsammlung von Johannes Fastenrath.
Nach dem Tod von Peter Hanstein 1925 erbten seine beiden Söhne Hans Hanstein (1879–1940) und Josef Hanstein (1885–1968), die bereits seit 1912 Teilhaber waren, die Firma. Josef Hanstein war eng befreundet mit dem jüdischen Architekten Manfred Faber, der für Lempertz Aufträge über Ausstellungs- und Innengestaltungen ausführte und 1933/34 das Geschäftshaus am Neumarkt umbaute und erweiterte.
1937 begann Heinrich Böll seine Lehre als Buchhändler in der Buchhandlung Lempertz in Bonn. Im gleichen Jahr wurde das Kölner Auktionshaus von dem jüdischen Kunsthändler Max Stern (1904–1987) beauftragt, Werke aus seinem Bestand zu versteigern, nachdem seine Galerie von der Reichskammer der bildenden Künste geschlossen wurde. Am 12./13. Dezember 1939 wurde bei Lempertz die Sammlung des wegen „Devisenvergehens“ und „Rassenschande“ verhafteten jüdischen Barmer Kunsthändlers Walter Westfeld (1889–1943) zwangsversteigert, dessen Vermögen und Kunstsammlung eingezogen worden waren. 1942 wurde Josef Hanstein wegen „allzu großer Judenfreundlichkeit“ von der Gestapo längere Zeit im Keller des EL-DE-Hauses inhaftiert, kam aber durch Kontakte zu einflussreichen Persönlichkeiten wieder frei.
Buchhandlung Lempertz in Bonn nach 1945
Nach dem Krieg wurden die Geschäfte zunächst im elterlichen Geschäftshaus von Margarethe Hanstein (geb. Kerp), in der Sternstraße 50 in Bonn fortgeführt. Die Buchhandlung wurde 1947 als Mathias Lempertz Buchhandlung und Antiquariat GmbH in Bonn neugegründet und im Folgejahr in einem neuen Geschäftshaus am Gründungsstandort Fürstenstraße 1 wiedereröffnet. Sie entwickelte sich allmählich zur Universitätsbuchhandlung und wurde 1983 zudem offizielle Depotbuchhandlung des Verlags der Bibliotheca Vaticana. 1996 kaufte der Verleger Franz-Christoph Heel die Buchhandlung und gründete im Folgejahr den Buchverlag „Edition Lempertz“ in Bonn, dessen Buchprogramm sich besonders mit Themen der katholischen Theologie und regionalen Publikationen befasst. Leiterin der Edition Lempertz wurde Antje-Friederike Heel, die 1999 auch die Geschäftsleitung der Matthias Lempertz Buchhandlung und Antiquariat GmbH übernahm. 2003 wurden die Edition Lempertz und der Siegler Verlag vereinigt. Das Programm des Siegler Verlags umfasst zumeist militärhistorische Publikationen, die wiederum unter dem Imprint des Brandenburgischen Verlagshauses veröffentlicht werden. Dessen Namensrechte entstammen dem ehemaligen Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik. Zum 31. Dezember 2005 wurde die Buchhandlung Lempertz in Bonn nach über 150 Jahren geschlossen. Erhalten blieb jedoch die Edition Lempertz mit Sitz in Königswinter.
Das Gebäude am Neumarkt erlitt während der Operation Millennium am 31. Mai 1942 starke Kriegsschäden und eröffnete am 22. November 1952 nach dem Baubeginn seit dem 10. Oktober 1951 des von Peter Baumann konzipierten Wiederaufbaus mit der Versteigerung der bedeutenden Sammlung Hubert Wilm (München) im Dezember 1952. Nach dem Krieg führten Josef Hanstein (1885–1968) und sein Sohn Rolf Hanstein (1919–1970) das „Kunsthaus Lempertz“ weiter. Das Gebäude steht seit dem 3. September 1993 unter Denkmalschutz.
Von 1953 bis 1957 fanden dort die ersten Ausstellungen des Römisch-Germanischen Museums und des Wallraf-Richartz-Museums statt. Seit 1958 führte das Haus gesonderte Auktionen moderner Kunst durch. 1965 wurde ein erstes Auslandsbüro in New York eröffnet, weitere Repräsentanzen folgten. Ebenfalls 1965 wurde die Galerie Lempertz Contempora für die Zeitgenössische Kunst eröffnet. Nach dem vorzeitigen Tode Rolf Hansteins durch einen Autounfall 1970 übernahm sein Sohn Henrik Hanstein (* 1950) das Geschäft. Als erstes deutsches Auktionshaus versteigert Lempertz seit 1989 Zeitgenössische Kunst sowie Photographie und Photoarbeiten in eigenen Auktionen.
Mit seinen Repräsentanzen in Berlin, Frankfurt, München, Zürich, Brüssel, Paris, Tokyo und Shanghai gehört das Kunsthaus Lempertz heute zu den wichtigen Kunstauktionshäusern Europas. Pro Jahr werden etwa 14 Auktionen abgehalten, die von illustrierten Katalogen und einwöchigen Vorbesichtigungen begleitet werden. Neben den Frühjahrs- und Herbstauktionen, auf denen jeweils Alte Kunst, Kunstgewerbe, Moderne und Zeitgenössische Kunst, Fotografie und Fotoarbeiten sowie ostasiatische Kunst versteigert werden, gibt es die beiden Auktionen für Bücher und Grafik, sowie im Frühjahr die Tribal Art-Auktion. Die Versteigerungen finden in Köln sowie in den Dependancen in Brüssel und Berlin statt. Darüber hinaus tritt Lempertz seit langem als Vermittler zwischen Privatsammlern und Museen auf und hat bedeutendes Kulturgut an öffentliche Institutionen vermitteln können. Lempertz ist Mitglied der 1993 gegründeten Gruppe „International Auctioneer“ (IA AG), die weltumspannend acht führende unabhängige Auktionshäuser aus acht Ländern vereint. Der Umsatz 2012 betrug 51 Millionen Euro.
Quelle Text: Seite „Lempertz“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 19. Oktober 2022, 00:07 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lempertz&oldid=227159275 (Abgerufen: 10. Dezember 2022, 11:04 UTC)