Unternehmer / Schuhfabrikant
Laut Gesellschaftsvertrag vom 11. Oktober 1899 gründen die beiden Brüder Emil und Ernst Pohlig ein Unternehmen mit einem Stammkapital von 20.000 Mark. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit Milch, Milchprodukten und sonstigen Nahrungsmitteln sowie die Fabrikation von Milchprodukten. Die beiden Brüder bringen gemeinschaftlich Molkereiinventar, darunter eine Milchmaschine, 30 Rahmständer, einen Geldschrank, Schreibpult, Geschäftsbücher, Gas- und Wasserleitungsanlagen einschließlich Gasleuchter, 4 Käsepressen, 1000 Kistchen, einen Gasofen und weitere Fabrikutensilien im Gesamtwert von 2000 Mark in das Unternehmen ein. Diese 2000 Mark werden auf die Stammeinlage angerechnet, dadurch sind 2000 Mark der Stammeinlage von 20.000 Mark gedeckt.
Bereits im Mai 1900 scheidet der Geschäftsführer Ernst Pohlig aus dem Unternehmen aus. Erst im Jahr 1904 taucht er wieder bei der Gründung einer neuen Gesellschaft (Ernst Pohlig & Cie.) gemeinsam mit dem Kaufmann Hermann Levy auf. Die Beiden haben in der Merheimer Straße 225 eine Schuhfabrik geründet, die sich offensichtlich gut entwickelt. Im Mai 1908 verkaufen sie einen 4 PS Gasmotor, der offensichtlich zu klein geworden ist.
Am 1. November 1910 zeigen Ernst und Henny Pohlig (geb. Küppers) ihre Vermählung an. Bereits am 26. August 1911 wird die glückliche Geburt des Sohnes Konrad angezeigt, als Anschrift wird hier Deutscher Ring 14 angegeben. Am 6. April 1913 folgt die glückliche Geburt des 2. Jungen.
Am 5. Juli 1913 wird ein Reisender der Schuhbranche gesucht:
Wir suchen für Rheinland, Westfalen und Süddeutschland einen bei den Schuhhändlern- und Konsumentenkundschaft aller bestens eingeführten Reisenden. Derselbe muss gute Branchenkenntnisse besitzen und beste Erfolge nachzuweisen in der Lage sein. Bei zufriedenstellenden Leistungen ist die Stelle dauernd und gut dotiert. Nur Bewerber mit 1a Zeugnissen und Referenzen wollen sich unter Beifügung von Zeugnisabschriften und Gehaltsansprüchen schriftlich bewerben.
Ernst Pohlig & Cie., Schuhfabrik Köln Nippes
Ernst Pohlig sucht einen Reisenden und Frau Pohlig sucht für ihre 2 Kinder ein Fräulein, welches gebildet und wohlerzogen ist und aus guter Familie kommt. Auch hier wird als Adresse Deutscher Ring 14 angegeben.
Zu Beginn des Krieges wurden auch Koppeln, Tragriemen, Mantelriemen usw. für das Militär produziert. Offensichtlich wurde die Produktion dieser Militäreffekten aber nicht fortgesetzt, denn im Oktober 1914 wird eine gebrauchte Zuschneidemaschine für Militärkoppeln verkauft. Als neue Adresse für das Unternehmen wird die Neusser Straße 314 angegeben.
Am 2. Oktober 1915 wird vom königlichen Amtsgericht ein „Aufgebot“ angezeigt. Der Kaufmann Ernst Pohlig aus Köln Nippes, Neusser Straße 314, vertreten durch den Rechtsanwalt Cann IV hat beantragt, den verschollenen Koch und Konditor Otto Julius Pohlig, geb. am 22. November 1875 zu Düsseldorf, zuletzt wohnhaft in Köln, für Tod erklären zu lassen.
Am 9. Dezember 1915 zeigen Ernst und Henny Pohlig die glückliche Geburt eines gesunden Mädchens an. Als neue Anschrift wird hier die Kameke 31, vermutlich die Privatanschrift, angegeben.
Am 4. April 1917 werden in einer großen Zeitungsanzeige Lebensmittel aller Art für die Mitarbeiter der Schuhfabrik zu kaufen gesucht. Lebensmittel sind in dieser Zeit bereits rationiert und kaum noch zu bekommen. Am 15. Mai 1917 erwarb die Schuhfabrik Ernst Pohlig & Cie. aus dem Besitz der Stadt Köln ein 20.000 m² Terrain an der Amsterdamer Straße. Es wird beabsichtigt, auf dem Grundstück eine bedeutend vergrößerte Schuhfabrik zu errichten. Die Firma Erzolit-Werke, chemische Fabrik zu Lennep mit dem Inhaber Albert Küppers zu Elberfeld, soll in das neue Werk integriert werden.
Am 3. März 1919 kündigen Ernst und Henny Pohlig eine weitere glückliche Geburt eines Jungen hocherfreut an. Die Familie scheint die Kriegszeit „unbeschadet“ überstanden zu haben. Bereits im Jahr 1920 wird eine perfekte Stenotypistin für das Büro der Schuhfabrik nach Köln Nippes gesucht. Im Juni 1923 wird aus der Fa. Ernst Pohlig & Cie. die Ernst Pohlig Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 10 Millionen Mark, hier muss man aber sicherlich die Ausläufer der Inflation nach dem ersten Weltkrieg berücksichtigen. Da bei einer Aktiengesellschaft der korrekte Name genannt werden muss, werden Johanna (Henny) Pohlig (geb. Küppers), Arnold Küchel – Fabrikant, Adolf Flöring -Fabrikant, und Bernhard Voss – Fabrikant sowie der Rechtsanwalt Paul Weimann als Gründer genannt. Mit Beschluss vom 29. November 1924 wird das Grundkapital auf 10.000 Goldmark umgestellt und wird eingeteilt in 100 Stammaktien zu 100 Goldmark eingeteilt.
Und nun verstehe ich die Welt nicht mehr, am 12. Februar 1926 gibt es einen 2-zeiligen Eintrag im Handelsregister, die Firma Ernst Pohlig und Cie. in Köln Nippes ist erloschen. Was ist aus der Aktiengesellschaft und den Gesellschaftern geworden? Was ist aus der Schuhfabrik geworden? Was ist aus dem 20.000 m² Grundstück und den Plänen geworden? Offensichtlich hat das Unternehmen die Wirtschaftskrise und die Inflation nicht überlebt, denn Ernst Pohlig inseriert unter seiner Privatadresse Kamekestraße 31 folgende Anzeigen.
Hypotheken beschafft unentgeltlich schnell und preiswert, Ernst Pohlig, Kamekestraße 31 (Am Friesenplatz). In weiteren Anzeigen wird aus dem „unentgeltlich“ der Begriff „vorteilhaft“ und in weiteren Anzeigen wird daraus schnell und preiswert oder zu besonders günstigen Bedingungen. Am 17. Mai 1926 erscheint im Handelsregister eine weitere Anzeige, die Ernst Pohlig Aktiengesellschaft ist aufgelöst, Ernst Pohlig ist zum Liquidator bestellt.
Was muss das für ein Gefühl sein, sein eigenes Unternehmen zu zerstören und aufzulösen ….
Ernst Pohlig verstirbt am 8. September 1926 im 53. Lebensjahr, danach verlieren sich die Spuren der Familie Pohlig.
Eigene Recherche © Wolfgang Kranz