Die Kölner Traditions-Duftmarke 4711
Die FaÂmiÂlie MülÂhens beÂtrieb seit AnÂfang des 19. JahrÂhunÂderts in Köln die ProÂdukÂtiÂon von KölÂnisch WasÂser. Mit dem Eau de CoÂloÂgne der MarÂke 4711 schuf sie sich im Jahr 1881 ein unÂverÂwechÂselÂbaÂres Image. BeÂkannt war im 19. JahrÂhunÂdert beÂsonÂders FerÂdiÂnand MülÂhens (I), auch „De Naas vun KölÂle“ geÂnannt.Â
Am AnÂfang der KölÂnisch WasÂser-ProÂdukÂtiÂon der FaÂmiÂlie MülÂhens steht eiÂne LeÂgenÂde: WilÂhelm MülÂhens (1762-1841) erÂhielt anÂlässÂlich seiÂner HochÂzeit mit CaÂthaÂriÂna MoÂers am 8. OkÂtoÂber 1792 das ReÂzept für die HerÂstelÂlung eiÂnes Aqua MiÂraÂbiÂlis von dem KarÂtäuÂserÂmönch Franz Carl GeÂreÂon MaÂria FaÂriÂna (1764-1821), dass die GrundÂlaÂge seiÂnes Eau de CoÂloÂgne bilÂdeÂte. MülÂhens stammÂte aus Rheidt (heuÂte Stadt NieÂderÂkasÂsel, Rhein-Sieg-Kreis). Sein VaÂter JaÂkob war VerÂwalÂter des FreiÂherrn von CorÂtenÂbach auf Haus WisÂsem bei TroisÂdorf. GeÂgen EnÂde des 18. JahrÂhunÂderts lieÂßen sich WilÂhelm soÂwie seiÂne vier BrüÂder in Köln nieÂder und erÂhielÂten das KölÂner BürÂgerÂrecht. 1800 wird MülÂhens als KölÂnisch WasÂser-HerÂstelÂler in den Grund- und GeÂbäuÂdeÂsteuÂer-ReÂgisÂtern der Stadt Köln geÂführt, seit 1805 auch in den KölÂner AdressÂbüÂchern.
Zu jeÂner Zeit war KölÂnisch WasÂser ein HeilÂwasÂser, eiÂne MiÂschung aus ätheÂriÂschen Ölen von ZiÂtrusÂfrüchÂten, die soÂwohl inÂnerÂlich als auch äuÂßerÂlich auf naÂheÂzu alÂle leichÂten BeÂschwerÂden anÂgeÂwenÂdet werÂden konnÂte. Die ReÂzepÂte und die HerÂstelÂlung dieÂser Heil- oder WunÂderÂwasÂser wurÂden geÂheim geÂhalÂten, was sich 1810 durch ein DeÂkret NaÂpoÂleÂon BoÂnaÂparÂtes (Köln und das RheinÂland waÂren seit 1794 franÂzöÂsisch beÂsetzt) grundÂleÂgend änÂderÂte: ReÂzepÂtuÂren für als HeilÂmitÂtel anÂgeÂprieÂseÂne ProÂdukÂte mussÂten, um sie der ärÂmeÂren BeÂvölÂkeÂrung zuÂgängÂlich zu maÂchen, verÂöfÂfentÂlicht werÂden. Dies hatÂte den EfÂfekt, dass die KölÂnisch WasÂser-HerÂstelÂler ihr ProÂdukt seitÂdem als DuftÂwasÂser deÂklaÂrierÂten.
HinÂzu trat schon in der FrühÂzeit der KölÂnisch WasÂser-ProÂdukÂtiÂon in Köln eiÂne erÂhebÂliÂche KonÂkurÂrenz um MarÂkenÂanÂteiÂle, die mit dem NaÂmen FaÂriÂna verÂbunÂden war. JoÂhann MaÂria FaÂriÂna und sein BruÂder BapÂtist führÂten die 1709 geÂgrünÂdeÂte FirÂma FaÂriÂna & Co., seit 1768 firÂmieÂrend unÂter „JoÂhann MaÂria FaÂriÂna geÂgenÂüber dem JüÂlichs-Platz“ höchst erÂfolgÂreich fort. So verÂwunÂdert es nicht, dass WilÂhelm MülÂhens 1803 eiÂnen VerÂtrag mit eiÂnem in Bonn leÂbenÂden Carl Franz MaÂria FaÂriÂna (1755-1830) schloss, der ihm die HerÂstelÂlung des echÂten Eau de CoÂloÂgne und die FühÂrung des NaÂmens Franz MaÂria FaÂriÂna zuÂsprach. DenÂnoch beÂganÂnen die MülÂhens im VerÂlauf des 19. JahrÂhunÂderts, ihÂre eiÂgeÂne MarÂke zu kreÂieren.
PeÂter JoÂseph MülÂhens (1801-1873)
PeÂter JoÂseph MülÂhens (1801-1873) führÂte zwei entÂscheiÂdenÂde NeueÂrunÂgen ein: Zum eiÂnen verÂbannÂte er die dunkÂlen, längÂliÂchen GeÂfäÂße, die so geÂnannÂten RoÂsoÂliÂflaÂschen, aus seiÂnem SorÂtiÂment und verÂtrieb seit 1820 sein DuftÂwasÂser in der heuÂte gänÂgiÂgen KropfÂmoÂlaÂnusÂflaÂsche, beÂnannt nach dem KölÂner DeÂstilÂlaÂteur PeÂter HeinÂrich MoÂlaÂnus. 1839 verÂwenÂdeÂte er auf dieÂser FlaÂsche zum ersÂten Mal ein blauÂgolÂdeÂnes EtiÂkett mit roÂmaÂniÂschen, goÂtiÂschen und baÂroÂcken StilÂeleÂmenÂten, verÂbunÂden mit DarÂstelÂlunÂgen des unÂvollÂendeÂten KölÂner Doms soÂwie der eheÂmaÂliÂgen StiftsÂkirÂche St. CasÂsiÂus und FloÂrenÂtiÂus, dem BonÂner MünsÂter. Noch erÂscheint auf dieÂsem EtiÂkett der FirÂmenÂnaÂme „F. MaÂrie FaÂriÂna No. 4711″. Der EntÂwurf geht auf PeÂter JoÂseph MülÂhens selbst zuÂrück.Â
Wie vieÂle enÂgaÂgierÂte WirtÂschaftsÂbürÂger seiÂner HeiÂmatÂstadt war MülÂhens MitÂglied des StadtÂrats und widÂmeÂte sich dort dem Schul- und ArÂmenÂweÂsen. ZuÂdem geÂhörÂte er zum Kreis von KölÂner UnÂterÂnehÂmern, die das KaÂpiÂtal für die GrünÂdung der linksÂliÂbeÂraÂlen „RheiÂniÂschen ZeiÂtung“ aufÂbrachÂten. EnÂgaÂgiert war er auch im nach der FranÂzoÂsenÂzeit neu erÂwachÂten KarÂneÂval: Als SeÂkreÂtär der „GroÂßen KarÂneÂvalsÂgeÂsellÂschaft von 1823″ war er für seiÂne StehÂgreiÂfÂreÂden beÂkannt. 1840 heiÂraÂteÂte er EmiÂly HanÂnah Ries (1820-1859), die TochÂter des KomÂpoÂnisÂten und BeetÂhoÂvenÂschüÂlers FerÂdiÂnand Ries. Sie wurÂden für die VerÂanÂstalÂtung von geÂselÂliÂgen muÂsiÂkaÂliÂschen AbenÂden in ihÂrem Haus in der GloÂckenÂgasÂse geÂschätzt. Im gleiÂchen Jahr erÂwarb er bei KöÂnigsÂwinÂter den „WinÂterÂmühÂlenÂhof“, der urÂsprüngÂlich dem eheÂmaÂliÂgen KlosÂter HeisÂterÂbach geÂhört hatÂte.
FerÂdiÂnand (I) MülÂhens (1844-1928)
FerÂdiÂnand (I) MülÂhens (1844-1928) hatÂte schlechÂteÂre unÂterÂnehÂmeÂriÂsche StartÂvorÂausÂsetÂzunÂgen, denn er war unÂter AufÂlaÂge, seiÂne GeÂschwisÂter zu gleiÂchen TeiÂlen am ErÂbe zu beÂteiÂliÂgen, nach dem Tod seiÂnes VaÂters 1873 als FirÂmenerÂbe einÂgeÂsetzt worÂden. 1881 zwang ihn ein geÂrichtÂliÂches UrÂteil daÂzu, den NaÂmen FaÂriÂna abÂzuÂleÂgen. Doch durch eiÂne einÂzigÂarÂtiÂge MarÂkeÂtingÂtat, der VerÂbinÂdung des blauÂgolÂdeÂnen EtiÂketts mit der schwarÂzen AufÂschrift „No. 4711″, geÂlang der SieÂgesÂzug des KölÂnisch WasÂsers der FirÂma MuÂelÂhens rund um die Welt. EiÂne VorÂausÂsetÂzung daÂfür war der AufÂbau eiÂner seit 1874 in Köln-EhÂrenÂfeld anÂsäsÂsiÂgen inÂdusÂtriÂelÂlen ProÂdukÂtiÂon des Eau de CoÂloÂgne. HinÂzu kam die ErÂweiÂteÂrung des SorÂtiÂments um neue ParÂfums, SeiÂfen und KörÂperÂpfleÂgeÂmitÂtel soÂwie der AufÂbau von AusÂlandsÂverÂtreÂtunÂgen zur ExÂpanÂsiÂon des VerÂtriebs von 4711 und anÂdeÂren DüfÂten in fast alÂlen euÂroÂpäiÂschen HauptÂstädÂten. Wie sein VaÂter enÂgaÂgierÂte sich FerÂdiÂnand (I) für den WinÂterÂmühÂlenÂhof bei KöÂnigsÂwinÂter, er erÂwarb die beiÂden ZahnÂradÂbahÂnen zum PeÂtersÂberg und DraÂchenÂfels und ließ in der ReÂgiÂon zahlÂreiÂche inÂfraÂstrukÂtuÂrelÂle MaßÂnahÂmen wie Bau von WeÂgen und StraÂßen soÂwie den Bau des HoÂtels auf dem PeÂtersÂberg durchÂfühÂren.Â
PeÂter Paul MülÂhens (1875-1945)
Sein Sohn PeÂter Paul (1875-1945) überÂnahm 25-jähÂrig ein WeltÂunÂterÂnehÂmen. Er vollÂzog nach 1900 die MoÂderÂniÂsieÂrung von ProÂdukÂtiÂon und VerÂwalÂtung, führÂte TeÂleÂfon, neue maÂschiÂnelÂle AbÂfüllÂanÂlaÂgen, SchreibÂmaÂschiÂnen und eiÂne eiÂgeÂne RechtsÂabÂteiÂlung ein. BeÂsonÂders widÂmeÂte er sich der WerÂbung und entÂwiÂckelÂte 1921 die MarÂke „ToÂsÂca“ soÂwie 1935 das RaÂsierÂwasÂser „SIR“, das bis EnÂde der 1960er JahÂre erÂfolgÂreich verÂtrieÂben wurÂde. Mit dem GeÂstüt RöttÂgen in Köln-HeuÂmar schuf er sich eiÂnen LandÂsitz mit VollÂblutÂzucht. Er war verÂheiÂraÂtet mit MaÂria StockÂhauÂsen (1881-1959) und hatÂte zwei SöhÂne, FerÂdiÂnand (II) (1911-1938) und Hans (1916-1945), die beiÂde früh verÂstarÂben. MaÂria MülÂhens führÂte nach dem Tod ihÂres ManÂnes die FirÂma 4711 weiÂter, bis 1962 ihr EnÂkel, FerÂdiÂnand (III) (geÂboÂren 1937) die LeiÂtung des UnÂterÂnehÂmens überÂnahm. 1977 wurÂden desÂsen MutÂter, MaÂria Mehl-MülÂhens, und LuiÂse StreÂve, seiÂne TanÂte, als KomÂmanÂdiÂtisÂtinÂnen beÂteiÂligt. EbenÂso trat 1988 DieÂter StreÂve-MülÂhens, der Sohn LuiÂses, neÂben FerÂdiÂnand (III) an die UnÂterÂnehÂmensÂspitÂze. Â
FerÂdiÂnand (III) Mülhens und DieÂter StreÂve-MülÂhens
SeitÂdem konÂzenÂtrierÂte man sich auf den Kauf von LiÂzenÂzen und NaÂmen groÂßer MarÂken, etÂwa in der ZuÂsamÂmenÂarÂbeit mit beÂrühmÂten CouÂturiÂers wie Jean-JacÂques de CaÂsÂtelÂbaÂjac, GucÂci und Charles JourÂdan soÂwie mit GaÂbrieÂla SaÂbaÂtiÂni oder PriÂscilÂla PresÂley. 1994 wurÂde die MuÂelÂhens KG nach UnÂstimÂmigÂkeiÂten zwiÂschen FerÂdiÂnand MülÂhens (III) und DieÂter StreÂve-MülÂhens von der WelÂla AG in DarmÂstadt erÂworÂben, und 1997 unÂter der CosmoÂpoÂliÂtan CosmeÂtics GmbH wieÂderÂum vom ameÂriÂkaÂniÂschen WaschÂmitÂtel- und KosÂmeÂtikÂherÂstelÂler ProcÂter & GamÂble überÂnomÂmen. 2006 trennÂte sich ProcÂter & GamÂble von der MarÂke 4711, die seitÂdem zum ParÂfumÂproÂduÂzenÂten MäuÂrer & Wirtz geÂhört, eiÂnem eiÂgenÂstänÂdiÂgen TochÂterÂunÂterÂnehÂmen der DalÂli-GrupÂpe in StolÂberg bei AaÂchen.Â
Ferdinand Mülhens III, ist am 10.10.2021 im Alter von 84 Jahren verstorben und wurde im engsten Familienkreis im Familiengrab beigesetzt.
Quelle Text: Oepen-Domschky, Gabriele, Familie Mülhens, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/familie-muelhens/DE-2086/lido/57c9508582f567.17123653 (abgerufen am 26.10.2021)
												
					
				
					
				
					
				