Politiker
Guido Westerwelle, (* 27. Dezember 1961 in Bad Honnef; † 18. März 2016 in Köln) war ein deutscher Politiker. Er war Gründungsmitglied und von 1983 bis 1988 Vorsitzender der Jungen Liberalen, von 1994 bis 2001 Generalsekretär und von 2001 bis 2011 Bundesvorsitzender der Freien Demokratischen Partei (FDP). Ferner war Westerwelle von 2006 bis 2009 Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion und Oppositionsführer im Deutschen Bundestag. Von 2009 bis 2013 war er Bundesminister des Auswärtigen im Kabinett Merkel II. Als solcher war er vom Amtsantritt an bis zum Mai 2011 auch Vizekanzler.
Ausbildung
Westerwelle wurde 1961 als Sohn des aus Schötmar stammenden promovierten Rechtsanwalts und Volkswirts Heinz Westerwelle (1930–2013) und der aus Bad Salzuflen stammenden Rechtsanwältin Erika Westerwelle (1930–2018) in Bad Honnef geboren. 1964 folgte ein Bruder. Seine Eltern hatten darüber hinaus aus vorherigen Partnerschaften jeweils einen Sohn mit in die Ehe gebracht. Westerwelles Eltern ließen sich in seinem achten Lebensjahr scheiden; er wuchs beim Vater in der Heerstraße in der Bonner Nordstadt auf. Westerwelle besuchte ein Gymnasium, wechselte nach dem ersten Jahr zur Realschule in Königswinter, da seine schulischen Leistungen am Gymnasium als nicht ausreichend erachtet wurden. Die Freiherr-vom-Stein-Realschule in Bonn schloss er 1977 mit der mittleren Reife ab. Nach der Realschule wechselte er auf das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium (EMA) in Bonn, wo er 1980 sein Abitur machte. Zum Wehrdienst wurde er nach eigenen Angaben nicht eingezogen, da er wegen seiner gleichgeschlechtlichen Orientierung ausgemustert worden sei.
Danach (ab 1980) begann er ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bonn, das er 1987 mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. Nach dem Referendariat am Amts- und Landgericht Bonn legte er 1991 sein zweites juristisches Staatsexamen ab. 1994 wurde er an der Fernuniversität in Hagen mit einer Dissertation zum Thema Das Parteienrecht und die politischen Jugendorganisationen zum Doktor der Rechtswissenschaften (Dr. iur.) promoviert. Sein Doktorvater war Dimitris Tsatsos. Seit 1991 als Rechtsanwalt zugelassen, arbeitete Westerwelle bis zu seiner Wahl zum Generalsekretär der FDP 1994 in der Bonner Anwaltskanzlei seines Vaters.
Parteilaufbahn
Westerwelle war seit 1980 Mitglied der FDP. Hier zählte er zu den Mitbegründern der Jungen Liberalen, die nach dem Koalitionswechsel der FDP 1982 die Jungdemokraten als offizielle Jugendorganisation der Partei ablösten. 1983 wurde er in einer Stichwahl gegen Andreas Reichel als Nachfolger von Hans-Joachim Otto deren Bundesvorsitzender; ein Amt, das er bis 1988 behielt.[9] Ab 1988 gehörte er dem FDP-Bundesvorstand an. Von 1993 bis 1999 war er außerdem Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes Bonn. Als sein Vorbild nannte er Hans-Dietrich Genscher.
Von 1994 bis 2001 war er unter den Parteivorsitzenden Klaus Kinkel und Wolfgang Gerhardt Generalsekretär der FDP. In dieser Funktion hatte er maßgeblichen Anteil an der Neuformulierung des aktuellen Parteiprogramms, den Wiesbadener Grundsätzen, und leitete die Kommission, die das Programm ausarbeitete.
Am 4. Mai 2001 wurde er auf dem FDP-Bundesparteitag 2001 in Düsseldorf mit großer Mehrheit als Nachfolger von Wolfgang Gerhardt zum bis dahin jüngsten Bundesvorsitzenden der FDP gewählt. Er positionierte die Partei vor allem in der Bildungs- und Wirtschaftspolitik. Sein angestrebter Kurs war der einer „unabhängigen Alternative zu CDU/CSU und Rot-Grün“ und die Schaffung einer Äquidistanz zu den beiden Volksparteien. Bei der Bundestagswahl 2002 trat er als erster Kanzlerkandidat in der Geschichte der FDP an. Die FDP zog auf Initiative von ihm und Jürgen Möllemann zum ersten Mal seit vielen Jahren ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf. Der Stimmenanteil der FDP verbesserte sich von 6,2 Prozent, die sie bei der Bundestagswahl 1998 erreicht hatte, auf 7,4 Prozent. Ursprünglich geplant war ein „Projekt 18“ getauftes Wahlziel von 18 Prozent Stimmenanteil, für das Westerwelle im Wahlkampf 2002 mit dem sogenannten Guidomobil um Stimmen kämpfte. Die Art, wie er seine Kampagne bestritt, trug ihm den Vorwurf ein, zu viel „Spaßwahlkampf“ zu führen.
2003 wurde Westerwelle als Parteivorsitzender mit 79,8 Prozent der Stimmen der Delegierten wiedergewählt und 2005 auf dem Bundesparteitag in Köln mit 80,1 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. 2007 wurde Westerwelle mit seinem bis dahin besten Ergebnis auf dem Bundesparteitag in Stuttgart mit 87,6 Prozent gewählt.
Vor der Landtagswahl 2005 in Nordrhein-Westfalen forderte Westerwelle als einziger Spitzenpolitiker eine Bundestags-Neuwahl für den Fall eines Regierungswechsels in Nordrhein-Westfalen. Bundeskanzler Gerhard Schröder kündigte am 22. Mai 2005 nach der verlorenen NRW-Wahl an, eine vorgezogene Bundestagswahl anzustreben. Die FDP nominierte Westerwelle am Tag darauf zum Spitzenkandidaten der FDP für die Bundestagswahl 2005.
Privatleben, Krankheit und Tod
Westerwelle mit seinem Lebenspartner Michael Mronz (2009)
Westerwelle hatte einen Bruder, der ebenfalls Rechtsanwalt ist, und zwei Halbbrüder. Er lebte in einem Mehrfamilienhaus in Köln-Braunsfeld und in Berlin-Charlottenburg und war Mitglied der Evangelischen Kirche im Rheinland. Seit 2003 lebte er mit dem Manager Michael Mronz in einer Partnerschaft. Am 17. September 2010 gingen beide im Bonner Standesamt an der Poppelsdorfer Allee eine Lebenspartnerschaft ein. Die Verpartnerung nahm der damalige Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch vor. Bereits 1997 war Westerwelle namentlich in der ersten Ausgabe des Nachschlagewerks Out!, in der homosexuelle Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aufgelistet sind, enthalten, ohne dass er dieser Nennung widersprochen hatte. Sein öffentliches Coming-out hatte Westerwelle jedoch erst im Sommer 2004 durch eine Schlagzeile am 21. Juli in der Bild, nachdem er gemeinsam mit seinem Partner erstmals öffentlich bei einer Feier zum 50. Geburtstag der damaligen CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Angela Merkel auftrat.
Damit war er nach Wowereit (2001) und von Beust (2003) der dritte deutsche Spitzenpolitiker, der vor einer breiteren Öffentlichkeit seine Homosexualität bekannt machte.
Am 20. Juni 2014 wurde bekannt, dass Westerwelle an einer akuten Leukämie erkrankt war.[ Die Krankheit wurde zufällig im Rahmen einer Voruntersuchung zu einer Knie-Operation diagnostiziert, die auffällige Veränderungen im Blutbild zeigte. Unmittelbar nach der Diagnose begann Westerwelle eine Chemotherapie im Universitätsklinikum Köln. Seinen ersten öffentlichen Auftritt nach der Krebsdiagnose hatte Westerwelle einen Monat später beim Reitturnier CHIO Aachen. Nach viereinhalb Monaten stationärer Behandlung, bei der auch eine Stammzelltransplantation im September 2014 durchgeführt worden war, wurde Westerwelle im November 2014 aus dem Krankenhaus entlassen.
Über diese Zeit veröffentlichte Westerwelle 2015 gemeinsam mit Dominik Wichmann das Buch Zwischen zwei Leben. Zur Vorstellung des Buches absolvierte er im Herbst 2015 zwei Fernsehauftritte und gab dem Spiegel ein ausführliches Interview. Ab Ende November 2015 wurde er erneut stationär im Kölner Universitätsklinikum in Lindenthal behandelt. Dort erlag er am 18. März 2016 den Folgen seiner Krankheit.
Westerwelle wurde am 2. April 2016 nach einer ökumenischen Trauerfeier in der römisch-katholischen Basilika St. Aposteln auf dem Melaten-Friedhof in Köln beigesetzt. Der katholische Prälat Karl Jüsten, wie Westerwelle 1961 in Bad Honnef geboren und seit frühester Kindheit mit ihm bekannt, hielt zusammen mit dem evangelischen Prälaten Martin Dutzmann den Trauergottesdienst. Martin Dutzmann hatte die liturgische Leitung, die Predigt hielt Karl Jüsten.
Quelle Text Auszug: Seite „Guido Westerwelle“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 9. Juli 2023, 20:43 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Guido_Westerwelle&oldid=235334569 (Abgerufen: 10. Oktober 2023, 17:42 UTC)