Eduard Herstatt (1833 – 1911)

Bankier

Die Familie Johann David Herstatt

Johann David Herstatt nutzte sein freiwerdendes Kapital, steckte es vermehrt in Finanzgeschäfte und gründete 1792 das Bankhaus J.D. Herstatt (genannt das Alte Bankhaus).

 

Johann David Herstatt

Durch das internationale Geschäft seines Seidenhandels war ihm das Finanzwesen und insbesondere das Wechselgeschäft über viele Jahre sehr vertraut. Das Bankhaus J.D. Herstatt wuchs beachtlich und führte die Familie zu großem Ansehen und Wohlstand. Über weitere vier Generationen wurde die Führung der Bank nach dem Tode des Vaters auf den jeweils ältesten Sohn übertragen. Dies waren nacheinander:

Johann David Herstatt (1740-1809), verheiratet mit Adelaide von der Leyen (1737-1808)

Friedrich Peter Herstatt (1775-1851), verheiratet mit Frederike von der Leyen (1774-1821)

Johann David Herstatt (1805-1879), verheiratet mit Amalie Stein (1810-1890)

Friedrich Johann David Herstatt (1831-1888), verheiratet mit Theresie DuMont Schauberg (1850-1933)

Es fällt sicherlich auf, dass mit der Krefelder Adelsfamilie von der Leyen, die sich ebenso mit der Produktion und dem Handel von Seide befasste, eine enge Freundschaft bestand, die auch heute noch besteht. Innerhalb der beiden Familien wurden etliche Ehen geschlossen.

Johann David Herstatt (1740-1809) war neben dem Bankgeschäft ein außerordentlich engagierter Bürger der Stadt Köln. So war er Beigeordneter im Stadtrat und gründete die freiwillige Feuerwehr.

 

Friedrich Peter Herstatt (1775-1851)

Auch sein Sohn Friedrich Peter (1775-1851) war Beigeordnete des Stadtrates und stieg zum Kommerzienrat auf. Durch seine Überlassung eines 10 Morgen großen Areals konnte Melaten zum Zentralfriedhof der Stadt Köln ausgebaut werde. Friedrich Peter erhielt daraufhin die Auszeichnung „Geheimer Kommerzienrat“, die mit der Ehre verbunden war, König Friedrich III in seinem Hause Hohe Pforte 25 im September 1818 Quartier zu bieten. Leider liefen die Verhandlungen des Königs beim Aachener Kongress nicht wie geplant, so dass die Übernachtung ausfiel und nur ein Wechsel der Pferde dort stattfand. Für seine großen Verdienste erhielt Friedrich Peter Herstatt auch die Auszeichnungen Ritter des Preußischen Roten Adler- Ordens und der Französischen Ehrenlegion. Beide Orden sind auf seinem Portrait und seinem noch vorhandenen Siegelring zu sehen. Sein Sohn Johann David Herstatt (1805-1879) führte im Sinne der Vorfahren das Bankhaus erfolgreich weiter.

 

Johann David Herstatt (1805-1879)

Johann David Herstatt war mit Amalie Stein, aus der Bankiersfamilie Johann Heinrich Stein verheiratet, wodurch eine enge Beziehung zwischen den beiden Bankhäusern entstand.

Johann David übergab die Bankgeschäfte an seinen Sohn Friedrich Johann David (1831-1888), einer außerordentlich tüchtigen und erfolgreichen Persönlichkeit.

 

Friedrich Johann David Herstatt (1831-1888)

Friedrich Johann David Herstatt war über mehrere Jahre Präsident der Kölner Handelskammer und Aufsichtsrat in einigen großen Kölner Unternehmungen, so u.a. der Colonia Versicherung, der Agripina- und der Kölnischen Hagel Versicherung. Am 17. Januar 1888 ereilte die Familie Herstatt ein noch heute spürbares Schicksal. Friedrich Johann David starb 1888 mit nur 56 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Sein einziger Sohn Johann David gen. Iwan David Herstatt  (1887-1955)  war erst 1 Jahr alt und kam daher  als unmittelbarer Nachfolger nicht in Betracht. Als keiner der drei Brüder von Friedrich Johann David, Arthur, Eduard und Walter sich bereit erklärte, das Bankgeschäft zu übernehmen, beschloss die Familie, das Bankhaus Herstatt in die Hände des verwandtschaftlich verbundenen Bankhauses J.H. Stein zu legen. Hiermit war eine lange Bankentradition abrupt beendet.

 

Johann David Herstatt gen. Iwan (1887-1955)

Der Sohn Johann David Herstatt (1887-1955) wurde von Geburt an Iwan genannt, weil die Eltern einen langjährigen Kutscher mit Namen Johann hatten und man Verwechslungen vermeiden wollte. Sozial, wie man wohl schon damals eingestellt war, wurde dem Kutscher nicht ein anderer Name aufgezwungen, was damals der üblichere Weg gewesen wäre.

Iwan wuchs behütet zusammen mit seinen drei älteren Schwestern Amélie, Stefanie und Maria bei seiner Mutter (Theresia Herstatt, geborene DuMont Schauberg) in hohem Wohlstand auf, studierte und promovierte in Jura und Betriebswirtschaft.  Er heiratete Clara Schnitzler (1893-1981), Tochter von Victor Schnitzler und Ludowika von Borell du Vernay, einer hoch angesehenen Mäzenen-Familie aus Köln.

Iwan Herstatt (1887-1955) war an Kunst und Musik sehr interessiert und war großer Förderer dieser Szene.

 

Bankhaus Leopold Seligmann

Da auch er das Bedürfnis hatte, die Tradition der Familie aufrecht zu erhalten, beteiligte er sich gemeinsam mit seinem Vetter Artur Deichmann als persönlich haftender Gesellschafter am alteingesessenen Bankhaus Leopold Seligmann, das von Paul und Leopold Seligmann geführt wurde.

 

Artur Deichmann trat in den 20er Jahren aus dem Bankhaus wieder aus und lebte fortan als Privatier in Bad Godesberg. Die Bankenkrise und hohe Investments in später wertlose Kriegsanleihen führten 1931 zur Schließung des Bankhauses Seligmann. Als persönlich haftender Gesellschafter beglich Iwan Herstatt (1887-1955) einen hohen Anteil der Bankschulden und verlor damit sein großes von den Eltern ererbte Vermögen, ein weitaus höherer finanzieller Verlust, als der, den wiederum sein Sohn Iwan D. 1974 erleiden musste. Iwan Herstatt (1887-1955) hatte sich bereits 1927 dem Versicherungsfach zugewandt und war für die Allianz-Versicherung tätig. Er konnte somit schnell wieder beruflich Fuß fassen und wurde stellvertretender Direktor der Kölner Allianz Niederlassung.

 

Iwan David Herstatt (1913-1995)

Sein Sohn, Iwan David Herstatt (1913-1995) wurde gegen die Tradition nicht Johann David, sondern nun nach seinem Vater Iwan David geburtsurkundlich genannt. Das Unheil, das das Bankhaus Seligmann über die Familie gebracht hatte, prägte den Sohn Iwan D. Herstatt (1913-1995) entscheidend. Zumindest wollte er alles besser machen als sein Vater. Grundsätze wie Tüchtigkeit, Fleiß, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und auch Streben nach Erfolg und Anerkennung verinnerlichte er bereits in jungen Jahren.

Mit 16 Jahren, nachdem er zwei Klassen übersprungen hatte, machte er Abitur und schrieb in seinem Abitursaufsatz, dass es sein größtes Ziel sei, „die Tradition der Familie Herstatt fortzusetzten und das Bankhaus Herstatt wieder zu errichten“. Für ein Studium fehlten die finanziellen Mittel, so entschied er sich für eine Banklehre bei der Deutschen Bank, wurde dort mit 27 Jahren jüngster Direktor, wechselte 1947 für zwei Jahre zur Hessischen Bankenaufsicht, kehrte nach Köln zurück, um die Bank für Gemeinwirtschaft in Köln aufzubauen und bekam 1955 die Chance, das Bankhaus I.D. Herstatt mit Investorengeldern neu auferstehen zu lassen.

Innerhalb von knapp 20 Jahren schaffte er es, das Unternehmen zur größten Privatbank Deutschlands aufzubauen. 1974 brach für Ihn mit der Insolvenz der Herstatt-Bank die Welt zusammen. In seinem Buch „Die Vernichtung“ beschreibt er ausführlich, wie er durch betrügerische Machenschaften sein Lebenswerk verlor. Die besondere Tragik an der Geschichte ist, dass obwohl Iwan D. alles anders als sein Vater machen wollte, ihn dennoch das gleiche Schicksal ereilte. Als ihm dies bewusst wurde, rückte sein Vater wieder mehr in den Mittelpunkt der Familie und Iwan D. vermittelte seinen Kindern ein Bild von ihrem Großvater, wie er wirklich war, höchst gebildet, viel belesen, ausgesprochen amüsant und äußerst beliebt. Das Blumenmeer bei seiner Beerdigung 1955 ließ erahnen, was für eine beliebte und angesehene Persönlichkeit er in Köln war.

Iwan D. Herstatt war mit Ilse Gerstenberg (1921-2007) aus einer alten Uhrmacherfamilie aus Wiesbaden verheiratet. Sie bekamen gemeinsam vier Kinder. Claudia Ludowika Herstatt (1948-2012), Friedrich Peter Herstatt (1950), Johann David Herstatt (1952), Cornelius Herstatt (1959).

 

Einfluss auf die Folgegeneration

Wegen der Seltenheit des Namens haben die Insolvenz der Bank und die nachfolgenden Prozesse den Lebensweg der Kinder maßgeblich beeinflusst. Auf der ganzen Welt (mit einer kleinen Ausnahme) gibt es derzeit nur elf Personen mit dem Namen Herstatt. Friedrich Peter hatte eine komplette internationale Bankausbildung.  Er sah für sich keine Chancen mehr im Bankgeschäft und hatte sich daher dem Industrie- und Immobilienbereich zugewandt. Claudia Ludowika verlor als Redakteurin ihre feste Anstellung und durfte nicht unter ihrem Namen schreiben. Ehefrau von Johann David wollte Richterin in Köln werden, aber man sagte ihr, mit dem Namen Herstatt könne sie keine Richterstelle bekommen, solange die ganzen Prozesse in Sachen Herstatt noch laufen würden. Johann David hatte eine Woche nach Bankschließung seine Banklehre abgeschlossen und konnte erst 25 Jahren später nach einer Industriekarriere wieder in den Finanzbereich einsteigen, was er gerne von Anfang an gemacht hätte. Cornelius konnte wochenlang nicht zur Schule gehen, weil man Angst um ihn hatte, konnte dann aber seinen beruflichen Werdegang als Akademiker frei wählen. Alle Kinder von Iwan D. Herstatt haben die Werte und Tugenden Ihrer Eltern übernommen und haben alle ihren Weg gefunden und Karriere gemacht. Auch die nächste Generation der Herstatts zeigt großen, persönlichen Einsatz und es gibt daher keinen Zweifel, dass die Familie Herstatt auch ohne eigens Bankhaus weiterbestehen und ihren besonderen Beitrag in der Welt leisten wird.

 

Quelle Text: Die Familie Herstatt, 400 Jahre Geschichte

Familie J. D. Herstatt

Abgerufen am 23.01.2025

Auf Google Maps ansehen

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner