Eishockeyspieler
Otto Brandenburg (1923 – 2010)
OtÂto BranÂdenÂburg war ein erÂfolgÂreiÂcher EisÂhoÂckeyÂspieÂler. Mit dem VerÂein „PreuÂßen Krefeld“ geÂwann er 1951 die deutÂsche EisÂhoÂckeyÂmeisÂterÂschaft und wurÂde mit der deutschen NaÂtioÂnalÂmannÂschaft 1953 ViÂzeÂweltÂmeisÂter. Als UnÂterÂnehÂmer beÂtrieb er in Köln zuÂsamÂmen mit seiÂnem VaÂter die FirÂma „NoÂva-LuÂx“.
OtÂto BranÂdenÂburg wurÂde am 11.2.1923 als Sohn des UnÂterÂnehÂmers CleÂmens Brandenburg in Köln geÂboÂren. Der VaÂter hatÂte in Köln-BraunsÂfeld die FirÂma „NoÂva Lux Tages-Spar- Licht GeÂsellÂschaft BranÂdenÂburg & Co.“, die auf InÂdusÂtriÂeÂleuchÂten spezialisiert war, beÂgrünÂdet und aufÂgeÂbaut (SloÂgan: „NoÂva Lux verÂlänÂgert den TaÂg“).
Als JuÂgendÂliÂcher entÂdeckÂte BranÂdenÂburg seiÂne LeiÂdenÂschaft für EisÂhoÂckey auf den zugefroÂreÂnen WeiÂhern im StadtÂwald in Köln-LinÂdenÂthal, beÂvorÂzugt auf dem DeckÂsteiÂner WeiÂher. EiÂnen EisÂhoÂckey-VerÂein gab es in Köln noch nicht – der wurÂde erst geÂgrünÂdet, nachÂdem am 12.12.1936 das EisÂstaÂdiÂon an der LentÂstraÂße erÂöffÂnet worÂden war. Das EröffÂnungsÂspiel mussÂten desÂhalb die beiÂden VerÂeiÂne „AlÂtoÂna 93“ und „HG NürnÂberÂg“ beÂstreiÂten.
BranÂdenÂburgs ersÂte VerÂsuÂche auf dem KunstÂeis enÂdeÂten mit eiÂnem Sturz: „Auf Klammer SchlittÂschuÂhen haÂbe ich erstÂmal der LänÂge nach das Eis abÂgeÂmesÂsen.“ DenÂnoch absolvierÂte er mit 14 JahÂren seiÂne ersÂten SpieÂle für den neuÂgeÂgrünÂdeÂten VerÂein, den „KölÂner EisÂklub“ (KEK); eiÂne lanÂdesÂweiÂte LiÂga gab es noch nicht. GeÂspielt wurÂde geÂgen die westÂdeutÂschen RiÂvaÂlen aus KreÂfeld, DüsÂselÂdorf, EsÂsen und DortÂmund. Im FrühÂjahr 1939 reisÂte die junÂge KEK-MannÂschaft zu den DeutÂschen JuÂgendÂmeisÂterÂschafÂten nach GarÂmisch ParÂtenÂkirÂchen. BranÂdenÂburg erÂzählÂte späÂter: „Dort fieÂlen wir erst mal unangenehm auf, denn wir hatÂten – aus Sicht der daÂmaÂliÂgen MachtÂhaÂber – alÂle viel zu lanÂge HaaÂre und wurÂden auf BeÂfehl des auf der TriÂbüÂne sitÂzenÂden ReichsÂjuÂgendÂfühÂrers BalÂdur von SchiÂrach erst mal zum HaaÂre schneiÂden geÂschickt. Wir waÂren toÂtal frusÂtriert.
1941 melÂdeÂte sich OtÂto BranÂdenÂburg freiÂwilÂlig zur MaÂriÂne. ZweiÂmal entÂging er knapp dem Tod: Ein ersÂtes Mal, als er nach dem UnÂterÂgang des MiÂnenÂsuÂchers, auf dem er statioÂniert war, zwölf StunÂden lang in der kalÂten NordÂsee trieb, bis er geÂretÂtet wurÂde. Er überÂlebÂte, weil er durchÂtraiÂniert und ein guÂter SchwimÂmer war. SpäÂter wurÂde er wähÂrend eiÂnes GeÂfechÂtes durch GraÂnatÂsplitÂter schwer verÂletzt und auf ein Riff geÂschleuÂdert. FranÂzöÂsiÂsche ParÂtiÂsaÂnen retÂten ihn und brachÂten ihn in ein NonÂnenÂklosÂter, wo er geÂsund geÂpflegt wurÂde; anÂschlieÂßend wurÂde er den AmeÂriÂkaÂnern überÂgeÂben. 1946 floh er aus der GeÂfanÂgenÂschaft in Le HavÂre und kehrÂte nach Köln zuÂrück. Er fand nicht nur seiÂne HeiÂmatÂstadt, sonÂdern auch das FaÂmiÂliÂenÂunÂterÂnehÂmen in TrümÂmern, dass er in den folgenÂden JahrÂzehnÂten geÂmeinÂsam mit dem VaÂter erÂfolgÂreich wieÂderÂaufÂbauÂte.
1947 nahm BranÂdenÂburg wieÂder das EisÂhoÂckey-TraiÂning auf. Ab 1948 spielÂte sein VerÂein, der KEK, um die deutÂsche MeisÂterÂschaft mit soÂwie ab der SaiÂson 1948/1949 in der neugeÂgrünÂdeÂten EisÂhoÂckey-OberÂliÂga. Bis 1950 war BranÂdenÂburg für den KEK akÂtiv, dann wechÂselÂte er nach lanÂgem ZöÂgern zu „PreuÂßen KreÂfeld“, weil dort die sportÂliÂchen PerspekÂtiÂven durch das groÂße fiÂnanÂziÂelÂle EnÂgaÂgeÂment des MäÂzens WilÂli MünsÂterÂmann (1903-1982) besÂser waÂren. So spielÂten in KreÂfeld auch starÂke AusÂlänÂder wie der schwediÂsche NaÂtioÂnalÂspieÂler GösÂta JoÂhansÂson (1929-1997). Der KEK hinÂgeÂgen galt damals leÂdigÂlich als „PunkÂteÂlieÂfeÂranÂt“ für die anÂdeÂren MannÂschafÂten.
Mit „PreuÂßen KreÂfeld“ geÂwann BranÂdenÂburg 1951 die deutÂsche MeisÂterÂschaft; in der FinalÂrunÂde entÂschied die MannÂschaft die MeisÂterÂschaft mit 16:0 PunkÂten für sich. Die ZeitÂschrift „Ski Bob Eis“ komÂmenÂtierÂte: „Zum ersÂten Mal in der GeÂschichÂte des deutschen EisÂhoÂckeyÂsporÂtes hat eiÂne KreÂfelÂder MannÂschaft den TiÂtel des MeisÂters nach WestÂdeutschÂland geÂholt und daÂmit in die HeÂgeÂmoÂnie die SüÂdens einÂgeÂgrifÂfen.“ SportÂlich beÂzeichÂneÂte BranÂdenÂburg selbst die Zeit in KreÂfeld als seiÂne schönsÂte, beÂtonÂte aber: „Dem HerÂzen nach bin ich imÂmer KölÂner geÂblieÂben.“
NeunÂmal lief OtÂto BranÂdenÂburg für die deutÂsche NaÂtioÂnalÂmannÂschaft auf das Eis und war daÂmit der ersÂte EisÂhoÂckeynaÂtioÂnalÂspieÂler aus Köln. In dieÂsen neun SpieÂlen erÂzielÂte er ein Tor: Vor 10.000 ZuÂschauÂern in BaÂsel steuÂerÂte er dieÂses Tor zum 7:3 Sieg geÂgen die Schweiz im entÂscheiÂdenÂden SpieÂlen bei den EisÂhoÂckey-WeltÂmeisÂterÂschafÂten 1953 bei. Im vorÂherÂgeÂganÂgen „HinÂspiel“ geÂgen die Schweiz hatÂte die deutÂsche MannÂschaft noch 2:3 verÂloÂren. Das „Sport MaÂgaÂzin“ schrieb: „LasÂsen Sie mich vorÂwegÂnehÂmen, wie es zu dieÂser EntÂscheiÂdung kam: BranÂdenÂburg, der blonÂde KreÂfelÂder, hatÂte etÂwa drei MiÂnuÂten vor Schluss das Pech, dass sein Stock brach. In der HitÂze des in volÂler SchärÂfe entbrannten EndÂkampÂfes (es hieß 2:2) verÂgaß er die ReÂgel, nach der Spielen mit gebrocheÂnem Stock verÂboÂten ist, und wurÂde für zwei MiÂnuÂten auf die StrafÂbank geschickt.“ Während BranÂdenÂburg auf der Bank saß, fiel das 2:3.
BranÂdenÂburg hätÂte um ein Haar nicht an dem WM-TurÂnier teilÂnehÂmen könÂnen, weil er sich in eiÂnem MeisÂterÂschaftsÂspiel verÂletzt hatÂte. Ein MitÂspieÂler hatÂte ihm bei eiÂner KollisiÂon mit den KuÂfen seiÂnes SchlittÂschuhs drei SehÂnen in der KnieÂkehÂle durchÂtrennt. GeÂgen den Rat der ÄrzÂte reisÂte er in die Schweiz und nahm an der WeltÂmeisÂterÂschaft teil, die alÂlerÂdings eiÂne „Rumpf-WM“ war: So starÂke NaÂtioÂnen wie die USA, KaÂnaÂda oder Polen fehlÂten, und die MannÂschaft der CSSR reisÂte mitÂten im TurÂnier ab, weil der daÂmaÂliÂge StaatsÂpräÂsiÂdent KleÂment GottÂwald geÂstorÂben war, so dass nur noch drei Mannschaften, SchweÂden, Schweiz und DeutschÂland übÂrig blieÂben. WeltÂmeisÂter wurÂde SchweÂden.
Durch seiÂne kämpÂfeÂriÂsche SpielÂweiÂse als StürÂmer erÂwarb sich OtÂto BranÂdenÂburg in den ZeiÂtunÂgen den SpitzÂnaÂmen „Atom-OtÂto“, „den NaÂmen verÂdankÂte ich wohl meiÂner robusten SpielÂweiÂse – ich war imÂmer mitÂten drin im GeÂtümÂmel“, die Fans rieÂfen ihn von den TriÂbüÂnen „Ötsch“. Der langÂjähÂriÂge WegÂgeÂfährÂte Dr. WolfÂgang Utsch (geÂboÂren 1925) chaÂrakÂteÂriÂsierÂte ihn: „Er war ein sehr starÂker ChaÂrakÂter mit ChaÂrisÂma, eiÂne FührungspersönÂlichÂkeit von hoÂher InÂtelÂliÂgenz. Ein tolÂler Kerl eben. OtÂto, das war der härtesÂte SpieÂler, den ich kannÂte.“ AnÂfang der 1960er JahÂre schrieb eiÂne ZeiÂtung über den groÂßÂgeÂwachÂseÂnen blonÂden SportÂler: „WäÂre er PlayÂboy oder FilmÂschauÂspieÂler geÂworÂden, dann hätÂte er eiÂnen HauptÂdarÂstelÂler in den TräuÂmen schwärÂmeÂriÂscher junÂger DaÂmen abgeÂgeÂben.
1955 kehrÂte BranÂdenÂburg als SpieÂler zum KEK zuÂrück, enÂgaÂgierÂte sich aber auch als Trainer und ZweiÂter VorÂsitÂzenÂder des VerÂeins. ZeitÂleÂbens beÂtrieb er EisÂhoÂckey als Amateur, daÂneÂben war er als JuÂniÂor-Chef in der väÂterÂliÂchen FirÂma täÂtig. Die FirÂma „NoÂva LuÂx“ stellÂte reÂgelÂmäÂßig eiÂnen FirÂmen-LKW zur VerÂfüÂgung, der die MannÂschaft des KEK zu den LiÂga-SpieÂlen transÂporÂtierÂte.
1958 schien OtÂto BranÂdenÂburgs KarÂrieÂre nach eiÂner schweÂren KieÂferÂverÂletÂzung, die er nach eiÂnem unÂbeÂabÂsichÂtigÂten StockÂcheck eiÂnes MitÂspieÂlers im TraiÂning erÂlitÂten hatÂte, beÂenÂdet zu sein. Doch nach moÂnaÂteÂlanÂger PauÂse kehrÂte „Atom-OtÂto“ aufs Eis zuÂrück, um dann aber 1961 nach UnÂstimÂmigÂkeiÂten mit der EisÂstaÂdiÂon-VerÂwalÂtung nicht nur als SpieÂler, sonÂdern auch vom Amt des ZweiÂten VorÂsitÂzenÂder zuÂrückÂzuÂtreÂten. Zu dieÂsem ZeitÂpunkt hatÂte er rund 600 EisÂhoÂckey-Matches abÂsolÂviert.
Nach eiÂnem schweÂren AuÂtoÂunÂfall, den BranÂdenÂburg glimpfÂlich überÂstand, verÂkaufÂten sein VaÂter und er 1976 ihr UnÂterÂnehÂmen „NoÂva LuÂx“, das inÂzwiÂschen 1.000 MitÂarÂbeiÂter hatÂte und desÂsen ProÂdukÂte etÂliÂche DeÂsign-PreiÂse einÂgeÂheimst hatÂten, an den niederländiÂschen KonÂzern PhiÂlips. HeuÂte exisÂtiert der StandÂort in Köln nicht mehr.
OtÂto BranÂdenÂburg beÂtrieb weiÂterÂhin inÂtenÂsiv Sport, vor alÂlem SkiÂfahÂren, SchwimÂmen und in späÂteÂren JahÂren Golf; er war ein beÂgeisÂterÂter JäÂger und HochÂseeÂfiÂscher. Sein bevorzugÂter Sport war jeÂdoch TenÂnis, und dieÂser Sport brachÂte ihm in verÂschieÂdeÂner Hinsicht Glück. So wurÂde er mit der MannÂschaft des „TG DeckÂstein“ 1986 Westdeutscher MannÂschaftsÂmeisÂter. Durch dieÂsen Sport lernÂte er 1977 seiÂne dritÂte Ehefrau HelÂga, geÂboÂreÂne KirchÂmann (geÂboÂren 1944), kenÂnen, mit der er bis zu seiÂnem Tod glückÂlich verÂheiÂraÂtet war. Auch HelÂga BranÂdenÂburg war und ist bis heuÂte sehr sportlich: So lief sie seit 1988 zahlÂreiÂche MaÂraÂthons und Halb-MaÂraÂthons, und ihr Mann beÂgleiÂteÂte sie oft auf ihÂren ReiÂsen rund um die Welt, um an LäuÂfen etÂwa in New York oder HoÂnoÂluÂlu teilÂzuÂnehÂmen.
BeÂsonÂders stolz war OtÂto BranÂdenÂburg auf seiÂne BeÂruÂfung in die „EisÂhoÂckey Hall of Fame DeutschÂlanÂd“, den EhÂrenÂbeÂreich im EisÂhoÂckey-MuÂseÂum in AugsÂburg. Im OkÂtoÂber 2009 beÂsuchÂte er zum letzÂten Mal ein HeimÂspiel der „KölÂner HaiÂe“ und feiÂerÂte ein WieÂderÂseÂhen mit vieÂlen seiÂner eheÂmaÂliÂgen MannÂschaftsÂkaÂmeÂraÂden. Er starb am 24.1.2010 nach kurÂzer KrankÂheit im AlÂter von 86.
Quellen Text:
InÂterÂview mit HelÂga BranÂdenÂburg, der WitÂwe von OtÂto BranÂdenÂburg (15.3.2013), InÂterÂview mit Dr. WolfÂgang Utsch, langÂjähÂriÂger MitÂspieÂler und Freund (6.3.2013).
KeÂßÂler, Hans-HuÂbert, ZeitÂzeuÂge SaiÂson 52/53: OtÂto BranÂdenÂburg. unÂverÂöfÂfentÂliÂches ManuÂskript.
Franz, Renate, Otto Brandenburg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/otto-brandenburg-/DE-2086/lido/57c586aa1dae40.09455916 (abgerufen am 24.01.2025)
