Kabarettist und Autor
Thomas Reis war „das Master-Mind unter den deutschen Kabarettisten“ (NZZ), „einfach nur genial!“ schrieb der Tagesspiegel, von der Wiener Zeitung wurde er zu einem der kreativsten Deutschen gewählt, von der Süddeutschen als »Superhirn« bezeichnet und die Jury der St. Ingberter Pfanne urteilte 2022: „mit Abstand der beste und aktuellste politische Kabarettist Deutschlands!“. Die Jury verlieh ihm den letzten in einer ganzen Reihe von Preisen.
Schon früh bildete sich ein märchenhaftes, literarisch-kabarettistisches Reis-Universum. Nebenbei studierte er noch Geschichte, Literatur und Politik in Freiburg und Köln. Mit Peter Vollmer gründete er 1985 das „Duo Vital“ und dann, mit dem Sprung nach Köln, vollzog sich die Entwicklung zu einem der besten Kabarettisten Deutschlands. In seinem Stammhaus, dem Theater am Sachsenring, entstanden Programme wie „Als die Männer noch Schwänze hatten“ oder „Gibt’s ein Leben über 40?“. Er spielte in allen Kabarett-Tempeln der Republik und zeigte schon zu Beginn seiner Karriere im NDR regelmäßig seine „Reis Propaganda Show“. Thomas wirkte nicht nur bei weit über einhundert Fernsehsendungen mit, gab über 3000 Gastspiele und war Autor vieler Kabarettprogramme, darüber hinaus tat er für den Erhalt von Jahrzehntelangen Freundschaften immer etwas mehr als gewöhnlich.
Mit Thomas gab es die skurrilsten Abenteuer- und Geschichten, die lustigsten Abende, die legendärsten Partys und die unterhaltsamsten Gespräche bis in die frühen Morgenstunden. Es war stets ein Highlight, wenn Thomas auf Events eine Rede hielt. Thomas kochte vortrefflich und war ein hervorragender Gastgeber. Per se ist Thomas von allen für seine Großzügigkeit geschätzt worden. In der Schule seines Sohnes hielt er Buchlesungen; jedes gelesene Buch feierte er mit Kindern, Eltern und Lehrern bei einem großen, thematischen Fest. Von den Kölner „Kritzelköpp“ bekam Thomas den Ehren-Lorber des Festkomitees des Kölner Karnevals in Silber verliehen. Da war er stolz drauf, bei den Kritzelköpp die politischen Themen der Karnevalswagen des Rosenmontagzuges humoristisch zu untermalen.
Thomas war leidenschaftlicher Weltreisender, am liebsten jährlich und so abenteuerlich wie möglich. Warum die Atacamawüste in Chile durchqueren, auf Pisten die es längst nicht mehr gibt? Warum mit signalroten Gepäcktaschen (Bitte überfall mich!) durch Jamaika radeln? Wahrscheinlich würde Thomas derartige Fragen beantworten mit: Weil es geht! Thomas liebte die Herausforderung, hat sich durch gesperrte Höhlen gequetscht, war alpiner Steilwandbezwinger, wagte mehrere Fall- und Gleitschirmflüge, nahm am Kölner Marathon teil, fuhr mit Skiern am liebsten durch Tiefschnee; sogar bei seiner letzten Reise durch Vietnam und Kambodscha (2023) war er bei allen anspruchsvollen Adventures an vorderster Front.
Der ewige Revoluzzer in ihm beklagte nicht nur die Schwerkraft oder Vorurteile, von klein auf wollte Thomas die Menschen zur Vernunft bringen. „Wacht auf, Verdummte dieser Erde, die stets man noch zu Tic-Toc zwingt!“ heißt es in seinem letzten Programm mit dem Titel „Du sollst nicht verblöden!“, welches so gar nicht als Abschiedsprogramm geplant war. Aus dem spontanen Wunsch heraus, dieses Programm zumindest noch als Lesung auf die Bühne zu bringen, trat Thomas Reis, schwer gezeichnet von seiner Krankheit, tatsächlich noch einmal im Senftöpfchen Theater auf. Standing Ovations – zum letzten Mal, an Geh-Hilfen im Rosenregen stehend, konnte er sicher sein, über seinen Tod hinaus geliebt zu werden. So konnte er gehen. Achtzehn Tage danach starb Thomas Reis im Schlaf.
Lebensfeier für Thomas Reis in der COMEDIA Colonia
Am 30.08.24 haben wir das Leben von Thomas Reis gefeiert. Joe Knipp, Thaddäus Reis, Peter Vollmer, Werner Koczwara, Goedart Palm und Rainer Fahrenbruch hielten eine Rede (hier im Gedenkportal abgelegt), Roman Babik & Band spielte Musik aus Thomas´ Lieblingsalben von Oskar Peterson und Thelonious Monk, Jazzpianist Clemens Orth spielte eine Eigenkomposition, Sängerin Yana Kris sang mit Chor „Dust in the wind“, und Sohn Thaddäus, den Thomas über alles liebte, spielte zur letzten Ehre mit der Posaune „Nature boy“ (ein gemeinsamer Lieblingssong): „Do you know the greatest thing? It ist o love and be loved in return.“
Die Urnenbeisetzung
auf dem Melaten am Tag darauf fand im engsten Familien- und Freundeskreis von nur 60 Leuten statt und wurde von Bestatter Chris Kuckelkorn ausgerichtet und begleitet. Thomas´ Freund Martin Breckheimer hielt eine bewegende Rede, ebenso Cousin Sven Barnikol, der einen humor- und liebevollen Einblick in Thomas´ Familienleben gab. Zwischen den Reden wurden Violinen Kantaten von Bach gespielt. Im Anschluss erzählte Cousine Petra Horn vom Ritual der Baumumarmung, das Thomas einst in die Familie eingeführt hat und lud dazu ein, auf diese Weise Abschied zu nehmen. Nicht ohne Grund fiel die Wahl auf einen sonnigen Platz mit eben einem großen, starken Baum. Thomas wünschte sich, dass zu seiner Beerdigung Christy Moores Coverversion von Pink Floyds „Shine on you crazy diamond“ gespielt wird. Als der Song begann, schrieben die Trauergäste Wünsche und Gedanken auf Zettelchen, gaben diese zusammen mit Blumen und Erde zur Urne und zelebrierten das Baumritual. Die Feuer der Dreidochtkerzen rund um die mit Blumen geschmückte Grabstätte fauchten im Wind, dazu das Gitarrensolo von Christy Moore – es blieb ein Gefühl von Ewigkeit.
Quelle Text: Isabella Waltriny
https://www.lifemeo.de/view/b978774b2c6abab2100a8d452
Abgerufen am 22.08.2025

