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Sophie Russel (Ralf Broch) (1968 – 2024)

Sophie Russel – Eine Kölnerin, die Herzen berührte

Das nachfolgende Interview führte Jeannette Fentroß mit Sophie Russel (Ralf Broch) kurz vor Ihrem Tod im August 2024

Sie sind Schauspielerin, ist das Ihr Traumberuf?

Mein Vater wollte, dass ich KFZ-Mechaniker werde. Tatsächlich habe ich eine Ausbildung im Einzelhandel gemacht. Daher ist mir auch die Arbeit an der Supermarktkasse nicht völlig fremd. Früher habe ich beim CSD moderiert und war Conférencier in Clubs und Bars. So bin ich dann zur Schauspielerei gekommen. Inzwischen habe ich aber keinen Beruf, sondern eine Berufung. Es ist großartig, wenn man auf der Bühne steht und die Leute zum Lachen bringt. Ich bin zufrieden mit dem, wie es läuft. Wir haben in Köln ein tolles Publikum und die Leute lieben mich.

Der Bühnenbetrieb läuft wieder, Sie treten im Scala auf. Aber Sie arbeiten jetzt auch wieder wie in der Coronazeit an der Supermarktkasse – warum?

Dann sitze ich weniger auf der Couch (lacht) und die Arbeit macht mir großen Spaß. Außerdem erdet mich diese Tätigkeit, viele Menschen erkennen mich dort nicht.

Was hat sich für Sie als darstellende Künstlerin im Alter verändert?

Als junger Mensch ist man oft ungeduldig oder verbissen. Ich konnte damals vieles ausprobieren. Dabei habe ich die Zeit genutzt und Erfahrungen gesammelt. Langsam kehrt die Altersruhe ein. Heute muss man sich nichts mehr beweisen, nur die Selbstkritik bleibt wichtig.

Der CSD ist nicht mehr aus Köln wegzudenken. Haben sich Szene und Gesellschaft in den letzten Jahren verändert?

Ich war in den 1980er Jahren schon bei einer der ersten Kölner CSD-Paraden mit dabei. Damals war die Kölner Szene sehr aktiv. Heute ist vieles angepasster. Mir fehlen die interessanten Partyvögel, wie die schrille Tunte oder die lustige Transe. Mit der Toleranz in der Gesellschaft habe ich noch nie Probleme erfahren. Es kommt vor allem darauf an, wie man selber auf Menschen zugeht.

Gibt es Sophie auch ungeschminkt?

Na klar, so wie ich gerade Lust habe. Meist bin ich jedoch „Et Sophie“, die dialektverbundene Volksschauspielerin, blond und tabulos. Ich gehe nur dahin, wo die Leute mich kennen. In meiner Stammkneipe am Eigelstein nennen mich alle „Mutti“. Ich bin einfach ein mütterlicher Typ. Vielleicht werde ich dort noch zur „Oma“ – wenn ich das noch erleben darf …

Was möchten Sie noch erreichen und welche Pläne haben Sie?

Ich trainiere den Spagat, das endet vermutlich im Oberschenkelhalsbruch (lacht). Spaß beiseite, ich möchte noch viele Jahre auf der Bühne stehen, solange der Kopf fit bleibt. Nach einem Schlaganfall vor rund fünf Jahren hat sich meine Sicht auf das Leben verändert. Gesundbleiben ist das Wichtigste. Doch ich lasse mich auch überraschen, was noch alles auf mich zukommt.

 

Das Gespräch führte Jeannette Fentroß im August 2024

Quelle Text: Kölner Köpfe, abgerufen unter https://koelnerleben-magazin.de/themen/leben-in-koeln/kolner-kopfe-sophie-russel.html

Abgerufen am 25.09.2025

 

Ein Nachruf von Conchita Fuchs

Sophie Russel – Eine Kölnerin, die Herzen berührte

Sophie Russel war weit mehr als eine Travestiekünstlerin – sie war eine Persönlichkeit, die Menschen sofort in ihren Bann zog. Wer sie einmal auf der Bühne erlebt hatte, spürte diese seltene Mischung aus Humor, Wärme und Präsenz. Mit funkelnden Augen, einer kraftvollen Stimme und einem Gespür dafür, wie man ein Publikum fesselt, verwandelte sie jeden Auftritt in ein Erlebnis.

Geboren in Bad Godesberg, fand Sophie in Köln ihre Heimat. Hier entdeckte sie die Bühne als ihr eigentliches Zuhause. Sie war keine Frau der halben Sachen: wenn sie in eine Rolle schlüpfte, tat sie das mit Leidenschaft und Hingabe. Sie konnte glamourös und verletzlich, komisch und tiefgründig zugleich sein. Gerade diese Vielschichtigkeit machte sie so besonders – eine Künstlerin, die das Leben in all seinen Facetten spiegelte.

Doch Sophie war nicht nur die Diva im Rampenlicht. Hinter den Kulissen begegnete man einem Menschen voller Herzlichkeit und Erdverbundenheit. Sie war direkt, ehrlich und dabei stets warmherzig. Sie konnte herzlich lachen, sich über Kleinigkeiten freuen, war aber genauso sensibel und feinfühlig, wenn es um andere ging. Viele beschreiben sie als eine Frau, die trotz ihres Ruhms immer „eine von uns“ blieb – nahbar, authentisch, echt.

Ihr plötzlicher Tod hinterließ eine Lücke, die kaum zu füllen ist. Für viele war sie eine feste Größe im Kölner Kulturleben, ein Stück Heimat, ein Symbol für Lebensfreude und Selbstbestimmung. Wer sie nicht kannte, soll wissen: Sophie Russel war eine Künstlerin, die Menschen zum Lachen brachte, sie berührte, sie ermutigte, sie zu sich selbst stehen zu lassen.

Sophie Russel bleibt in Erinnerung als eine Frau, die mit ihrem Wesen Brücken baute – zwischen Bühne und Publikum, zwischen Scheinwerferlicht und Alltag, zwischen Glanz und Echtheit. Sie hat Spuren hinterlassen, die weit über ihre Auftritte hinausreichen.

Mit freundlicher Genehmigung von Conchita Fuchs

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